Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

M 
Er sagte wiederholt, wir würden voraussichtlich die Unter¬ 
stützung und Sympathie aller Mächte haben, wenn wir uns damit 
begnügen würden, daß Serbien alle unsere Forderungen akzeptiere 
und uns nebstdem noch eine Garantie der Mächte für die Einhaltung 
dieser Versprechungen gegeben werde. 
Ich wies darauf hin, daß es dazu nach der Kriegserklärung und 
Beginn der Feindseligkeiten wohl zu spät sein dürfte. 
»Dann ist es vielleicht auch zur Verhütung des allgemeinen 
Krieges zu spät«, rief er aus. 
Ich kam imjmer darauf zurück, daß man die Frage des öster- 
reichisch-ungarischen-serbischen Konfliktes von der Frage des all¬ 
gemeinen Krieges trennen und darauf einwirken müsse, daß Ru߬ 
land nicht denselben durch seine Intervention herbeiführe. 
Hierauf bemerkte Grey, »wenn die Mächte nur in Rußland raten 
sollen, daß es passiv bleibe, so ist es gleichbedeutend, Ihnen freie 
Hand zu geben, was Rußland nicht annehmen wird. Irgend etwas 
müßten Sie uns zum mindesten geben, daß wir in Petersburg ver¬ 
werten können«. 
Er wolle die Pro und Contra unseres Standpunktes nicht dis¬ 
kutieren, was ihn beschäftige, seien Fakten und das wichtigste: wie 
kann ein europäischer Krieg noch verhindert werden. Auch ohne 
territoriale Erwerbungen könnten wir Serbien in das Verhältnis 
eines Vasallen zu uns bringen und dadurch Rußland vollständig vom 
Balkan eliminieren. 
Ich erwiderte, nach unseren ehemaligen Abmachungen mit Ru߬ 
land, von denen er mir vorgestern sprach, war ja Serbien in unsere 
Einflußsphäre gerückt. Es wäre absurd, zu glauben, daß russischer 
Einfluß vom Balkan ausgeschaltet wäre, wenn Belgrad aufhöre, das 
Pivot russischer Balkanpolitik zu sein. Vielmehr seien wir es, die 
sich jetzt in legitimer Verteidigung befinden; der Versuch, alle unse¬ 
ren kleinen Nachbarstaaten zu unseren Feinden zu machen, und die 
ganze Agitation gegen uns bedrohe unsere Großm'achtstellung und 
daher das Gleichgewicht der Mächte in Europa, für das er immer 
eintrete etc. 
Staatssekretär war sehr pessimistisch. 
»Heute spreche Petersburg noch mit Berlin, wie wird es morgen 
sein?« Er sagte mir, er sei in steter Fühlung mit Reichskanzler, der 
auch ein Mittel suche, um zwischen Wien und Petersburg zu vermitteln. 
Ich habe nachher Tyrrell gesprochen, der mir bestätigte, Sir 
E. Grey sei sehr beunruhigt und suche fort nach einem Ausweg, um 
Konflagration zu verhindern. 
Ich habe nachher Tyrrell gesprochen, der mir bestätigte, Sir E. Grev 
sei sehr beunruhigt und suche fort nach einem Ausweg, um Kon¬ 
flagration zu verhindern. 
Tyrrell bestätigt mir vollauf meinen Eindruck hiesiger Haltung, 
den ich dahin resümieren möctjte: wenn irgend möglich jeder europäi¬ 
schen Komplikation fernzubleiben; russische Interessen lassen England¬
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.