Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

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»Wenn Österreich-Ungarn Serbien verschlinge«, so sagte weiter 
Sazonow, so müsse Rußland absolut eingreifen. 
Aus letzterer Äußerung »verschlingen« und Wunsch, An¬ 
gelegenheit vor europäischen Areopag zu bringen, schließt Graf 
Pourtalès, daß Rußland vorderhand keine kriegerische Aktion 
unternehmen werde. 
Deutscher Botschafter t¡rat, laut Inhalt vorgelesenen Télé¬ 
grammes, allen Angriffen Sazonows auf unsere Handlungsweise 
energisch entgegen, brachte auch monarchisches Prinzip vor, worauf 
russischer Minister des Äußern antwortete, »das habe mit mon¬ 
archischem Prinzip gar nichts zu tun, das sei eine politische Frage«. 
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Graf Szécsen an Grafen Berchtold 
Telegramm Nr. 123 Paris, den 25. Juli 1914 
Aufg. 5 Uhr 20 M. p. m. 
Eingetr. 9 Uhr 30 M. a. m. 26-/7. 
Chiffre 
Serbien. 
Die Presse bespricht mit großer Aufregung, aber mit gewisser 
Vorsicht, unseren Schritt in Belgrad. Bis jetzt ist die Haltung der 
Zeitungen nicht ganz so feindselig, wie zu befürchten war. Man 
will sich nicht à fond engagieren, da man noch keine Instruktionen 
von Herrn Poincaré und Viviani hat, die ihrerseits offenbar erst mit 
Petersburg Fühlung suchen. 
Im allgemeinen zeigt man für unsere Forderungen, speziell 
soweit; sie sich auf die Untersuchung gegen die Attentäter und ihre 
Helfer beziehen, einiges Verständnis. Es wird die praktische Un- 
durchführbarkeit gewisser unserer Wünsche in ihrer gegenwärtigen 
allgemeinen Fassung betont; dies bezieht sich speziell auf Punkt 1, 
3, 5, 9- 
Der russische Geschäftsträger schildert Situation in den 
schwärzesten Farben und ist bestrebt, hier den Eindruck hervor¬ 
zurufen, daß wir um jeden Preis einen europäischen Krieg hervor¬ 
rufen wollen. Da ein solcher derzeit hier sehr unerwünscht wäre, 
soll auf diese Weise die Antipathie gegen uns geschürt; und wir für 
allfällige Komplikationen, die nur Rußland hervorrufen kann, ver¬ 
antwortlich gemacht werden. Englischer Botschafter sagte mir 
gestern, Rußland wird den Kampf nicht aufnehmen. 
Das gleichzeitige Bekanntwerden unserer Note nach Belgrad 
mit den Ergebnissen der Untersuchung in Sarajevo hat öffentliche 
Aufmerksamkeit von letzteren etwas abgelenkt. Es wäre vielleicht 
nützlich, die Untersuchungen, eventuell durch einige Details ergänzt, 
neuerlich in amtlicher Form hinauszugeben.
	        
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