[797]
369
im öffentlichen Interesse zu tragen hatten,1 keine Ungebühr
angesonnen wurde, die nicht vorkommenden Falles von der
Regierung wieder abgestellt worden wäre, so entfiel auch jeder
Anlaß zu Volkserhebungen, zu welchen der Bauernaufstand von
1633/34 nicht gerechnet werden kann, da er ausschließend durch
die Exzesse der zügellosen Soldateska im Dreißigjährigen Kriege
hervorgerufen war. So ist es gekommen, daß uns im Inviertel
die alten Gemeinfreien noch leibhaftig vor Augen stehen,
während wir im Lande ob der Ens sie nur mühsam aus An¬
zeichen rekonstruieren können. Für den Rechtshistoriker ist
daher das Inviertel ein doppelt interessanter Boden.
Mit den freien Aigen der bäuerlichen Gemeinfreien dürfen
die im 14. und 15. Jahrhunderte häufig vorkommenden freien
Aigen der höheren und niederen Ministerialen und der Bürger
nicht vermengt werden. Diese letzteren waren in der großen
Regel vormalige Holdengüter, welche für Kauf, Tausch oder
Stiftung von den Urb ariallasten freigemacht oder freigelassen
worden waren, und nur ganz ausnahmsweise ursprünglich frei,
wenn sie als Stammgut ihrer Inhaber, die vom Lande in die
Stadt gezogen oder in den Adel aufgestiegen sind, nachgewiesen
werden können.
8. Die Landgerichte.
a) In der bayerischen Besitzperiode.
Die Landgerichte wraren die alten Grafengerichte, mit
dem Unterschiede, daß nicht mehr der Graf, sondern der Be¬
amte des Gerichtsherrn, der Landrichter, das Ding hegte und
das gescholtene Urteil ,nicht verrer' ging als an den Hof des
Gerichtsherrn. So wurde das Landgericht Schärding die Fort¬
setzung des Grafengerichtes Neuburg rechts vom In, das Land¬
gericht Weilhart die Fortsetzung jenes im Matiggau.
Mit letzterem wollen wir uns vorerst beschäftigen.
Bas Landgericht zu Weilhart.
Dasselbe umfaßte den weitaus größten Teil der vormali¬
gen Grafschaft Burghausen diesseits von In und Salzach; ab-
1 Der Ausdruck ,Grafenschatz', unter welchem die Rechtshistoriker die
von den Gaubewohnern an den Grafen üblichen Leistungen begreifen,
findet sich in den Urkunden des bajuwarischen Volksstammes nicht.
Archiv. 99. Bd. II. Hälfte. 24