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werden. Der Leibeigene hatte auch damals noch den Leibzins
zu entrichten und hatte den Ehekonsens zu suchen, er konnte
nach Belieben veräußert/ auf allfälliges Entweichen aber aller¬
orten abgefordert und bestraft werden. Ledige waren verpflichtet,
sich der Herrschaft zu gebräuchlichem Lohn zu verdingen;
haussässige hatten wie andere Untertanen Frohn- und Schar¬
werksdienste zu leisten. Als ,Todfall' wurde vom Leibherrn in
Bayern der zwanzigste Teil des Gesamtvermögens des Ver¬
storbenen genommen. Das Rückberufungsrecht des Leibherrn
wurde aufrecht erhalten. Bei Streitigkeiten zwischen Herrn und
Leibeigenen hatte der Bauer im Gegensatze zur Vorzeit die
Pechtsvermutung der Freiheit für sich; die Blutsfreunde der in
Streit verfangenen Personen galten, wie schon in alter Zeit,2
als die best informierten Zeugen, je näher die Verwandtschaft
war, desto mehr Glauben war den Zeugen beizumessen, weil
die Vermutung für sie stritt, daß sie auch nähere Kenntnis und
Wissenschaft von der. Sache haben. Freizügigkeit bestand nicht,
nur ausnahmsweise wurde auswärtiger Aufenthalt bewilligt;3
dem Leibherrn stand das Recht der körperlichen Züchtigung
des Eigenmannes zu, das in jener Zeit mißbräuchlich längst
auch gegen die nicht leibeigenen Untertanen von Seite der
Grundherrschaften geübt wurde.
Daß in den Donationsbriefen Kaiser Josefs I., wodurch
freie Reichsherrschaften auf Inviertler Boden errichtet wurden,
1 Vgl. die Regesten bei Lang VII. 355, 360: 1343. 20. 1. Die ersamen
Leute Herr Ulrich und Herr Wyrich von Treuchtling versetzen ihre
Eigenleute Popp von Dyetenhofen und dessen eheliche Wirtin Agnes
um 15 ^ Haller an Levi den Judeh zu Wassertrüdingen (Mittelfranken).
1343. 26. 2. Stefan der Rotpeck von Lappach überläßt dem Kloster
Fürstenfeld für 9 $$ rd} Ulrich den Nürnberger von Lappach, der sein
Lehen ist vom Herzogtum Bayern.
2 So führte um 1180 die Braut des Zensualen Oczo von Reichersberg
durch das Zeugnis ihres Bruders Perchtolt, Peros von Mülheim,
Aschwin und Altmann von Urfar, Engelbrecht und Guntram von
Mining den Freiheitsbeweis. O.-ö. U.-B. I. 379 n, 183.
3 So wurde vom Kloster Polling 1396. 16. 8. dem Grundholden und Leib¬
eigenen Jakob Schuster gestattet, in ganz Oberbayern, Städte und
Märkte ausgenommen, freien Aufenthalt zu nehmen, wofür er jährlich
1 $) y3f nebst der Weisat zu entrichten hatte, und 1430. 28. 3. dem Eigen¬
mann des Klosters Dietramszell, Lienhart, des Leysmüllners Sohn, sein
Lebtag in der Stadt München zu bleiben gegen jährlichen Zins von
4 M Wachs, Lang, Reg. Boic. XI. 80, XIII. 173.