Volltext: Archivar Johann Adam Trauner

274 
Eduard Straßmayr, 
5. Schicksale der von Trauner geordneten Archive 
Die vorbildlichen Ordnungsarbeiten, welche auf dem Gebiete 
des Archivwesens im 18. Jahrhundert geleistet worden sind, haben 
in der Folgezeit nur mehr sehr selten eine Fortsetzung erfahren. 
Gerade im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die Aktenbestände 
durch bedeutsame politische Ereignisse und infolge mangelnden 
Verständnisses der Archivbesitzer für die Erhaltung der Schrift¬ 
denkmale schwer in Mitleidenschaft gezogen. Wie viele wertvolle 
Geschichtsquellen hat die Josefinische Klosteraufhebung mit ihren 
beklagenswerten Folgeerscheinungen und der damalige geschichts- 
feindliche Zeitgeist zerstört! 
Einen tiefgehenden Wandel in der Wertung der Archive rief 
die Auflösung des Untertanenverbandes im Jahre 1848 und die Ein¬ 
führung einer neuen Verfassung hervor. Jahrhunderte hindurch 
bestandene Einrichtungen im Gerichts- und Verwaltungswesen er¬ 
fuhren nun von Grund aus eine Änderung; zahlreiche ältere Be¬ 
stände in den Herrschaftsarchiven verloren ihre praktische Bedeu¬ 
tung und damit schwand allmählich der Sinn für deren gesicherte 
Aufbewahrung. Wenn wir die Geschicke so mancher Archive seit 
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfolgen, entrollen sich vor 
unseren Augen betrübende Bilder. Infolge der Neuordnung der 
Verhältnisse mußten die ehemaligen Pflegämter beträchtliche Teile 
ihrer Akten an die eben errichteten Bezirkshauptmannschaften und 
Gerichtsstellen abführen, wo sie wegen Baummangels meist nur auf 
den Dachböden oder in feuchten Kellerräumen untergebracht 
werden konnten. Da der österreichische Staat bis in die Neunziger¬ 
jahre herauf eine Archivpflege in den Kronländern leider nicht 
kannte, gingen bei den Amtsstellen und bei Privatbesitzern kostbare 
Archivalien zugrunde oder kamen in fremde Hände und wanderten 
aus dem Lande. 
Ein besonderer Übelstand war darin gelegen, daß sich die 
Ämter früher um ihre Begistraturen nicht in gebührendem Maße 
kümmerten. Lange Zeit wurden dort die Schriftenmassen angehäuft, 
bis Platznot und Unübersichtlichkeit zu gründlichen Aktenausschei¬ 
dungen drängten. Und welche Organe versahen diese verant¬ 
wortungsvolle Arbeit? Schlecht bezahlte Kanzleikräfte, welche den 
geschichtlichen Wert der Schriften nicht abschätzen konnten und 
meist möglichst viele Wagenladungen Altpapier zum Einstampfen 
bestimmten, um aus dem größeren Gelderlös eine höhere Remune¬ 
ration zu erzielen. Dabei wurden zunächst die älteren Teile der 
Vernichtung zugeführt, da die Registraturbeamten jene nicht mehr 
verstanden und als überflüssig erachteten. Zahlreiche Archivalien
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.