Volltext: Die Kriegspläne Italiens gegen Österreich-Ungarn (Ergänzungsheft 2 1931)

Der Waffenstillstand von Villa Giusti usw. 
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Die neue Republik Deutschösterreich hatte die Nachfolgeschaft Alt¬ 
österreichs scharf betont abgelehnt. Zum Kleinstaat verstümmelt, wei¬ 
gerte sie sich gleicherweise, das Erbe der österreichischen Reichshälfte, 
noch viel mehr aber jenes der Doppelmonarchie anzutreten und wollte 
auch vor der eigenen Bevölkerung mit deren Mißgriffen nicht moralisch 
belastet sein. Kein Wunder, daß die schon erwähnte parlamentarische 
Kommission nach den Schuldigen forschte und starke, politisch interes¬ 
sierte Kräfte strebten darnach, sie im Kreise jener zu finden, die durch 
Sturz von Reich und Thron sowie Verlust des Krieges am leichtesten 
belastet werden konnten. 
Es hat daher besondere Bedeutung, daß ihr Endurteil wie folgt ausfiel : 
Die Gerüchte von der Absicht, möglichst viel Deutschösterreicher 
in Gefangenschaft kommen zu lassen, sei es um kaisertreue Soldaten aus 
politischen Gründen von der Heimat ferne zu halten, sei es aus Sorge 
vor Ernährungsschwierigkeiten und aus Furcht vor den undisziplinierten 
Massen erwiesen sich als glatte Erfindung. Es ist auch nicht die Spur 
eines Anhaltspunktes für eine derartige Absicht, sei es der deutschöster¬ 
reichischen Regierung oder des AOK. vorhanden. 
Dem AOK. könnte ein Vorwurf gemacht werden, wenn es unter¬ 
lassen hätte, rechtzeitig auf den Abschluß eines Waffenstillstandes zu 
dringen und hiefür alles vorzukehren. „Aber ein solcher Vorwurf kann 
nach dem Ergebnis der Erhebungen nicht gemacht werden." Es kann 
auch ferner weder dem AOK. noch einem sonstigen Kommando ein Vor¬ 
wurf aus der Verzögerung in der Annahme der Bedingungen am 2. No¬ 
vember gemacht werden. „Der Entschluß lag nicht bei ihnen." 
Am schwierigsten gestaltete sich die Frage, ob das AOK. ein Ver¬ 
schulden treffe, als es Waffenruhe zu einer Zeit befahl, wo die andere 
Seite den Waffenstillstandsvertrag noch nicht unterzeichnet hatte. In 
diesem Falle hätten die Organe des AOK., soweit sie österreichische 
Staatsbürger waren, nach dem Gesetze der Republik mit ihrer Person 
und nach den Strafbestimmungen zu verantworten, wenn durch die vor¬ 
zeitige Niederlegung der Waffen die Gefangennahme der Soldaten und 
der Verlust immensen Kriegsmaterials herbeigeführt wurde. 
Der Chef des Generalstabes, Baron Arz, und Generalmajor Wald¬ 
stätten, der schon genannte Chef der Operationsabteilung des AOK., 
wurden vorgeladen. 
Das Verhör gestaltete sich mit Waldstätten besonders dramatisch, 
weil sich dieser temperamentvolle Offizier in freudigster Weise zu der
	        
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