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Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns
Missionsmitglieder gerechnet werden. Nun hatten die Italiener zwar die
Benützung der Funkstation Padua gestattet1); jedoch wurde damit keine
Zeit erspart. Ein unmittelbarer Verkehr mit der Wiener Station Laaer-
berg klappte nicht, so daß nur der Umweg über Pola—Budapest (von
hier mit gedrahteten Depeschen) übrig blieb. Zudem mußten die Nach¬
richten offen abgegeben werden. Um Sh nachm. hatte Weber eine ge¬
schlüsselte Depesche des AOK. erhalten 2) ; er konnte sie nicht entziffern
und mußte zurückfunken, er bitte, nur in Klarschrift zu senden3).
In der gleichen Reihenfolge, wie die drei bedeutsamen Schriftstücke
dem Führer der öst.-ung. Mission seit 5h nachm. zugekommen waren, hatte er
nach Baden je einen Funkspruch abgegeben; der Depesche, daß die Frist
zur Annahme am 3. um Mitternacht ¡ablaufe, war die Bitte beigefügt,
den Empfang in Klartext zu bestätigen. Der General mußte annehmen,
daß seine Depeschen ihr Ziel noch in der Nacht erreichten4).
Der Abschluß des Waffenstillstandes
Die entscheidenden Beratungen in Wien
In der Nacht vom 1. auf den 2. November übermittelte Obst. Schnel¬
ler von Trient aus die Bedingungen des Waffenstillstandes nach der ita¬
lienischen Fassung (S. 712) nach Baden. Welche Wirkung die unerhörten
Bedingungen auf die führenden Männer der k.u.k. Heeresleitung aus¬
übten, darüber berichtet der leitende Chef der Operationsalbteilung, GM.
Waldstätten: „Vom Momente, wo General Weber nach Villa Giusti fuhr,
haben wir stündlich Nachrichten erwartet, wie es zum Waffenstillstand
kommen soll. Als endlich am 2. November, 12h 30 nachts, die Worte auf
dem Hughesstreifen erschienen: ,Sofortige Einstellung der Feindseligkei¬
ten', ist uns ein Stein vom Herzen gefallen." ... „Der Punkt, sofortige
Einstellung der Feindseligkeiten' überstrahlte momentan das übrige,
brachte allein Erwünschtes. Alles andere: gänzliche Demobilisierung,
Evakuierung jedes von Österreich-Ungarn mit Waffengewalt besetzten
*) Nowak, Chaos (München 1923), 153 ff.
2) Baden wollte am 1. November, 8h 30 abends, wissen: „Wie stehen die Ver¬
handlungen? Baldigster Abschluß erwünscht." N
3) Diese Antwort war am 2. November, 8*1 30 abends, in Pola, kam aber erst am
3. November, 12^ 04 nachm. nach Baden!
4) Die drei Radiodepeschen wurden von Pola am 2. November um 8*1 IO*1 52
und 11*112 abends weitergeleitet.