Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns 
Sie dürften beendet sein. In der letzten Zeit habe der Feind einige frische 
Divisionen in den Raum zwischen dem Mantello und der Brenta heran¬ 
gezogen. Für eine weitausgreifende Unternehmung hielt FM. Boroevic 
diese Verstärkungen ¡aber noch nicht für ausreichend und schloß sich im 
übrigen der Meinung des GO. Wurm an, daß ein großer Angriff über 
den Piave wegen des Hochwassers vorläufig nicht zu erwarten sei. 
Demgegenüber glaubte das Kommando der Armeegruppe Belluno, 
daß der italienische Angriff gegen unsere Piavefront unmittelbar bevor¬ 
stehe, vielleicht auch gegen den Abschnitt zwischen Brenta und Piave. 
Sichere Anzeichen dafür lägen jedoch nur wenige vor. Die Aufklärung 
sei durch den wochenlamgen Regen und durch die schlechten Sichtver¬ 
hältnisse im Gebirge sehr erschwert. 
Das Heeresgruppenkommando Tirol beurteilte das in seinem Be¬ 
reiche gesteigerte Artilleriefeuer als eine Verschleierung einer am Piave 
bevorstehenden Offensive der Italiener. Als das Geschützfeuer auf der 
Hochfläche von Asiago noch ¡an Stärke zunahm, zeigte sich bei den 
in Reserve stehenden ungarischen Truppen der k. u. k. 11. Armee eine 
große Unruhe. Es war das beklemmende Gefühl, vielleicht ein paar Tage 
vor der Rückkehr in die Heimat noch einmal in den Kampf treten zu 
müssen. Jedermann wußte es ja schon, daß die ungarischen Regimenter aus 
Tirol ¡abgezogen werden sollten. Der zum Kommandanten der Balkanstreit¬ 
kräfte ernannte Erzherzog Joseph erließ ¡am 23. Oktober einen Abschieds¬ 
befehl, dem eine Verlautbarung in ungarischer Sprache anzuschließen war, 
in der der Erzherzog den ungarischen Truppen der Heeresgruppe Tirol 
unter der Verpfändung seines Wortes den baldigen Abtransport in die 
Heimat in Aussicht stellte, damit sie die Verteidigung der bedrohten Süd¬ 
grenze ihres Landes und der Ostkarpathen übernehmen könnten. 
Kaiser Karl richtete am gleichen Tage (23. Oktober) einen letzten 
Appell an Heer und Flotte, der lautete: ,,Soldaten! Der Tag, der Euch 
Heimkehr und Frieden bringen soll, rückt näher! Die Pflichten, die Ihr 
bis zu jenem Augenblick noch zu erfüllen habt, sind besonders schwer. 
Eure soldatischen Tugenden, Eure Einsicht und Euer Opfermut bestim¬ 
men heute mehr denn je die Zukunft aller Völker der Monarchie ohne 
Ausnahme und Unterschied. Eure in ungezählten Schlachten erprobte 
Manneszucht, Eure Treue und der eiserne Gehorsam, der Euch zu un¬ 
vergleichlichen Ruhmestaten befähigte, bleiben unabänderlich der Fels, 
an dem alle Angriffe und Brandungen zerschellen müssen. Die Zeit ist 
erfüllt von ernsten Wirrnissen. Diese dürfen an Heer und Flotte nicht 
heran. Klar und einfach wie der Eid, den Ihr vor dem Allmächtigen ab-
	        
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