Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

Der Wirkungskreis des Giefs des Ersatzwesens 
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Die kaiserliche Verfügung erging spontan, ohne vorherige Kenntnis 
der Heeresleitung und des Kriegsministers, die bisher allein das Ersatz¬ 
wesen geleitet hatten, und es bereitete in der Folge einige Schwierigkeit, 
die Wirkungssphäre und die Befugnisse des neuen „Chefs" abzugrenzen, 
schon deshalb, weil die meisten Arbeiten und Evidenzen in Ersatz,angje- 
legenheiten auch weiterhin bei den alten Zentralstellen bearbeitet 
werden sollten, die Minister überdies die volle parlamentarische Ver¬ 
antwortung für alle getroffenen Verfügungen tragen mußten. In Öster¬ 
reich mochte man überdies — nicht ganz; zu Unrecht — in der Person 
des ernannten Chefs des Ersatzwesens einen Erfolg der ungarischen Be¬ 
strebungen nach Kontrolle der personellen Leistungen Österreichs er¬ 
blicken. Ungarn hatte in der Tat der bewaffneten Macht in den ersten 
zwei Kriegs jähren um etwa 200.000 Soldaten mehr gegeben, als dem 
Verhältnis der Bevölkerungszahlen entsprochen hätte *), und die ungari¬ 
sche Regierung war schon seit 1915 bemüht, die beiderseitigen Lei¬ 
stungen auf eben dieses Zahlenverhältnis zurückzuführen, ein Streben, 
das zwar erst anfangs 1918 durchdrang, zunächst aber auf die Schaf¬ 
fung der neuen Zentralstelle nicht ohne Einfluß gewesen sein mochte. 
Inzwischen gelang es verhältnismäßig schnell, alle Empfindlichkei¬ 
ten und Hindernisse zu überwinden, und bald eröffneten sowohl die 
in Wien errichtete neue Zentralstelle als auch die bei einzelnen höheren 
Kommandos im Felde und in der Heimat eingerichteten „Exposituren" 
ihre Wirksamkeit. 
Zuerst galt es, den übermäßig angewachsenen Führungs-, Verwal- 
tungs-, Versorgungs- und Erhaltungsapparat entschieden einzuschrän¬ 
ken. Für alle Kommandos sowie für die vielfältigen Einrichtungen und 
Anstalten bei der Armee, aber auch für die Kampftruppen selbst wurden 
neue, meist erheblich kleinere Stände festgesetzt (vgl. Fußnote S. 48), 
die nicht überschritten und über die hinaus jedenfalls keine Ersätze 
verlangt werden durften. 
1) Die Gesamtbevölkerungszahlen Österreichs und Ungarns verhielten sich wie 
57,35: 42,65, die Zahlen der ins Feld abgegangenen Angehörigen der beiden Staaten 
hingegen bis Juli 1917 wie 53,16 : 46,84, so daß die Mehrleistung Ungarns zu ditesem 
Zeitpunkt 212.000 Männer ausmachte. Allerdings waren in Ungarn schon immer 
günstigere Tauglichkeitsverhältnisse verzeichnet worden; Österreich hingegen verlor 
im ersten Kriegs jähre in den vom Feinde besetzten Gebieten auch einen nicht uner¬ 
heblichen Teil der Wehrkraft dieser Länder. Österreich mußte überdies den weitaus 
größeren Teil der Rüstungsindustrie mit Arbeitern versorgen. Es war deshalb der 
Bevölkerungsschlüssel nicht ohne weiteres auf die Verteilung der Leistungen an¬ 
wendbar.
	        
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