Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

Die Nahrungsnot an der Front 
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Das k. u. k. Heer vor diem letzten Waffengang 
Der materielle und moralische Zustand bis Mitte Oktober 
Um die Wende September—Oktober hatten Meldungen der bei den 
Armeen der Südwestfront eingeteilten Verbindungsoffiziere dem AOK. 
deutlich dargetan, wie schwer schon das Heer unter dem politischen und 
wirtschaftlichen Niedergang der Heimat gelitten hatte. Juli und August 
waren für die Front wahre Hungermonate gewesen. Viele Tage sahen 
die Truppen keinen Bissen Fleisch, kein Gramm Fett. Früh und abends 
nur leerer, schwarzer Kaffee, mittags ein inhaltsloses Dörrgemüse, eine 
mi,t ¡allerlei minderwertigen Ersatzmitteln gestreckte, der Menge nach 
ebenfalls unzulängliche Brotportion, hiezu bestenfalls etwas Käse oder 
Kürbis. Anderes frisches Gemüse war nur selten zu sehen. 
Die Stimmung bei der Truppe an fleischlosen Tagen äußerte sich 
in maßloser Verbitterung gegen das Hinterland, da jeder glaubte, daß 
diese Verhältnisse durch die unverantwortliche Unordnung im Hinter¬ 
lande verschuldet seien. In der Tat wäre manches Elend in der Ernäh¬ 
rungsfrage wohl hin'tanzuhialten gewesen, wenn sich im Hinterlande nicht 
gewissenlose Händler infolge der zersetzenden Politik und der mächtig 
ansteigenden Korruption eines großen Teiles der verfügbaren Verpflegs- 
vorräte zu bemächtigen vermocht hätten. So wurden diese Schleichhänd¬ 
ler immer mehr die eigentlichein Herren der Verpflegslage; ohnmächtig 
standen die Regierungen dieser Erscheinung gegenüber. Die Mannschaft 
gestand offen, daß die Ursachen der eigenmächtigen Entfernungen und 
des Überlaufens zum Feinde nicht allein in der Kriegsmüdigkeit, son¬ 
dern hauptsächlich in der schlechten Ernährung zu suchen seien, da jeder 
Deserteur im Hinterlande, selbst wenn er in den Wäldern versteckt leben 
müsse, sich besser ernähren könne ;als der Soldat an der Front. So hatten 
sich denn ,a:uch Hunderte von Soldaten, meist Ungarn, in den letzten 
Monaten eigenmächtig auf kurze Zeit von der Front in das Hinterland 
entfernt, um, beladen mit Weißbrot, Käse und Speck, zurückzukehren. 
Einzelne ungarische Regimenter, die große Wirtschaften bei den 
Ersatzbataillonen eingerichtet hatten, vermochten der Mannschaft wohl 
Zubußen zu geben. Aber dies wirkte auf die Stimmung benachbarter 
Truppen nicht günstig. Man fragte sich, warum ungarische Truppen bes-
	        
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