Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Dem Niedergang entgegen 
Das K a i s e r ¡m a n i f e s t 
Gegenüber den äußeren und inneren Mächten, die darauf ausgingen, 
den ehrwürdigen Bau des Habsburgerreiches in Trümmer zu schlagen, 
unternahm Kaiser Karl mit seinen Beratern die letzten Versuche, die 
Idee übernationaler Gemeinschaft mit den Wünschen der auseinander¬ 
strebenden Völker in Einklang zu bringen. Der Monarch, der Außen¬ 
minister Burián und der österreichische Ministerpräsident Hussarek waren 
überzeugt, daß ein starker Wandel in der Innenpolitik unerläßlich sei1). 
Die kritische Lage, die ¡auf dem Balkan durch das Ausscheiden Bulgariens 
entstanden war, führte den Staatsmännern in Wien die Dringlichkeit des 
südslawischen Problems vor Augen. Unermüdlich hatte GO. Sarkotic, der 
Landeschef von Bosnien und der Herzegowina, gemahnt, daß Wien und 
Budapest in letzter Stunde zu einer Lösung kommen müßten; denn der 
Abfall der Bevölkerung ins reichsfeindliche Lager nehme überraschend 
zu. Die Kronräte vom 27. September und vom 2. Oktober erbrachten 
keine Entscheidung. Ungarn widersetzte sich dem einzig noch denkbar 
erscheinenden Ausweg, die südslawischen Länder der Monarchie als 
eigenes Staatsgebilde den bisherigen zwei Staaten an die Seite zu stellen 
(Trialismus). 
Mit der Annahme des Wilsonprogrammes ;als Grundlage für das 
Friedensangebot wurde ein Neubau des Staates unvermeidlich. Der un¬ 
garische Ministerpräsident Wekerle lehnte allerdings das Selbstbestim,- 
mur^gsrecht für das Reich der Stephanskrone ;ab, während Hussarek, der 
österreichische Kabinettschef, die Ideen Wilsons mit dem Fortbestand 
der Habsburgermonarchie — trotz unleugbarer Schwierigkeiten — ver¬ 
einbar fand. So war denn Hussarek am 1. Oktober im Wiener, Parlament 
mit einem begrenzten Autonomieprogramm vor die Abgeordneten hin¬ 
getreten. Die Absagen der Nord- und Südslawen lauteten eindeutig da¬ 
hin, daß sie für ihre Stämme vom alten Staate nichts mehr erwarteten; 
Ukrainer, Italiener und Rumänen sprachen sich ebenfalls für die Los¬ 
trennung aus. Von den deutschen Parteien erklärten am 3. Oktober zu¬ 
nächst die Sozialdemokraten, das Selbstbestimmungsrecht den andern 
Nationen zuzuerkennen, aber auch für die Deutschen Österreichs zu for¬ 
dern. Bis zum 9. Oktober bekannten sich auch alle deutsch-bürgerlichen 
Parteien zu diesem Grundsatz. Die Entwicklung im Innern empfing durch 
den Friedensschritt vom 4. einen mächtigen Antrieb. 
1) Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, '285 ff. — Opocensky, 241 ff.
	        
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