Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

Mißhelligkeiten zwischen Deutschland und der Türkei 
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führten schließlich zur Drohung Deutschlands, alle seine Truppen von 
den türkischen Fronten zurückziehen zu wollen. Daraufhin lenkte die 
Türkei ein und ließ ihre auf Tiflis angesetzten Streitkräfte umkehren; 
an ihre Stelle traten anfangs September Teile einer deutschen, aus der 
Ukraine herangeführten Division. Die Spannung zwischen den beiden 
verbündeten Staaten hielt aber unvermindert anx) woran sich auch nichts 
änderte, als an Stelle des am 3. Juli verstorbenen Sultans Muhammed V. 
sein jüngerer Bruder als Muhiammed VI. den Thron bestieg. 
Trotzdem dachten die türkischein Staatsmänner nicht daran, ihre auf 
den Gewinn des Kaukasus abzielenden Pläne aufzugeben; sie vernach¬ 
lässigten darüber die übrigen Fronten des weitgestreckten Kriegsgebietes 
im Orient. Die Folgen ließen nicht lange ¡a>uf sich warten. Während der 
Sommermonate ruhten zwar — wie schon erwähnt — wegen der klima¬ 
tischen Verhältnisse sowohl in Mesopotamien als auch in Palästina die 
Waffen. Dafür machte aber die schon im Frühjahr bemerkbare Zer¬ 
setzung der türkischen Armeen einen erschreckenden Fortschritt. Krank¬ 
heiten und Hunger rissen breite Lücken in die auch durch eigenmächtige 
Entfernungen stark gelichteten Reihen der türkischen Truppenkörper, 
denen es allmählich an allem Notwendigen zu mangeln begann. Kein 
Wunder, daß darunter der gute Geist und der Wille zum nachhaltigen 
Widerstand bedenklich litten. Wo immer die Engländer in diesen Wochen 
der Operationspause gegen die türkischen Linien vorfühlten, konnten sie 
diesen Mangel an Kampfeslust aus der geringen Gegenwehr und den 
Tiefstand der körperlichen und geistigen Verfassung aus dem jämmer¬ 
lichen Zustand der in Gefangenschaft geratenen türkischen Soldaten 
feststellen2). 
Die Machthaber in Konstantinopel fochten aber diese traurigen Ver¬ 
hältnisse nur wenig an. Sie waren in ihre weitausgreifenden politischen 
Zukunftsträume so sehr eingesponnen, daß sie für die rauhe Wirklichkeit 
und dite Not des Augenblicks weder Zeit noch volles Verständnis hatten 
und die Klagen und Mahnungen des die Palästinafront befehligenden 
Marschalls Liman v. Sanders ebenso überhörten, wie sie die Augen vor 
den Vorgängen auf dem ihrem Staate zunächst gelegenen Teile des euro¬ 
päischen Kriegsschauplatzes verschlossen. So traf sie die Nachricht von 
der Niederlage des Bulgarenheeres mit der elementaren Wucht eines 
nicht vorhergesehenen und darum besonders eindrucksvollen schreck¬ 
lichen Ereignisses. Plötzlich tauchte mit aufrüttelnder Eindringlichkeit 
!) Pomiankowski, 362 ff. 
2) Engl. Gstb. W., Palestine, 446. 
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