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Dem Niedergang entgegen
auf, die hier herrschte *). Der Monarch und Burián trugen ihren Plan
vor, mit den feindlichen Mächten im neutralen Ausland Vorverhandlun¬
gen über die Grundlinien eines Friedens einzuleiten; Österreich-Ungarn
könne unter keinen Umständen einen neuen Winterfeldzug führen. Wil¬
helm II. und seine Ratgeber waren grundsätzlich zu einem Friedensschritt
bereit; aber zuerst sollte sich die deutsche Front, die jetzt im Rückzug
begriffen war, wieder festigen.
Bei den militärischen Abmachungen, die auch das künftige Verhalten
gegen Rumänien streiften (S. 415), betonte der öst.-ung. Generalstabschef,
daß der Krieg keinesfalls bis zur völligen Erschöpfung geführt werden
dürfe, weil die Donaumonarchie ihre Armee auch nach einem Friedens¬
schluß zur Regelung von innen- und außenpolitischen Fragen brauchen
werde. Zuletzt vermehrte noch die aufregende Kunde, daß England die
Tschechoslowaken ;al,s kriegführende Macht anerkannt habe (S. 489), den
düsteren Ton, auf den die Beratungen eingestellt waren. Die für den
Habsburger Staat so schicksalsschwere Nachricht war dem Minister Burián
vom Ballhausplatz drahtlich nachgesandt, der Öffentlichkeit in der Mo¬
narchie jedoch noch einige Tage lang vorenthalten worden. Am 17. August,
des Kaisers Geburtstag, stand das Bekenntnis dies Feindes zur Zerstücke¬
lung des Reiches in den Tagesblättern2).
Kaiser Karl schied aus dem deutschen Hauptquartier — die Herr¬
scher der beiden Reiche trafen sich hier zum letzten Mal — mit ernsten
Eindrücken, aber doch in der einen Hinsicht befriedigt, wenigstens ein
grundsätzliches Einverständnis für die Aufnahme von Friedensschritten
gefunden zu haben. Denn bisher waren die Ansichten darüber zwischen
Wien und Berlin weit auseinander gegangen. Eine Mare Einigung über
das weitere Vorgehen war allerdings nicht erzielt worden, sondern
blieb künftigem Gedankenaustausch vorbehalten.
Das deutsche Außenamt nahm sofort Verbindung mit Holland auf
und suchte Fäden zu den Feinden anzuspinnen. Admiral Hintze ging in
seinem Anerbieten über Belgien bedeutend weiter, als die DOHL. zu¬
nächst zugestehen wollte. Allein, der Feindbund erkannte seinen offen¬
sichtlich auf der Walstatt liegenden Vorteil und war nicht gesonnen, sich
durch die Diplomatie sein großes Kriegsziel, den Sieg über Deutschland,
schmälern zu lassen3).
1) Burián, 281 ff. — Arz, Zur Geschichte des Großen Krieges, 281 ff. —•
Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, 269 ff.
2) Opocensky, 60 f. — Ar z, Zur Geschichte des Großen Krieges, 286.
3) Schwertfege r, 98 ff. — Kühl, II, 422 ff.