Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Das Weltbild zu Beginn des Kriegsjahres 1918 
unter noch einige berittene Kavallerie di visionen) zählte, war der drei¬ 
einhalbjährige Krieg nicht spurlos vorübergegangen. Neben gewissen 
moralischen Übelständen bereiteten der Heeresleitung noch die bedenk¬ 
liche Ersatzlage, die beschränkte Beweglichkeit der Einheiten sowie der 
Mangel ;an Tanks und an Betriebsstoffen große Sorgen1). Eine Besserung 
dieses Zustandes war nicht zu erhoffen; eher das Gegenteil. Um die 
Jahreswende 1917 auf 1918 war das Heer aber zweifellos noch immer 
stark genug, um eine Angriffshandlung großen Stils durchzuführen, die 
kriegsentscheidend wirken mochte. Ein Verharren in reiner Abwehr mit 
bloßer Angriffsdrohung, was auch zur Erwägung stand, hätte jedoch 
unweigerlich eine Niederlage herbeigeführt; denn die Zeit arbeitete für 
die Entente. 
Wo sollte nun, nachdem mit Rußland ein Waffenstillstand abge¬ 
schlossen worden war und daher das Freiwerden starker Kräfte im 
Osten erhofft werden konnte, der entscheidungsuchende Angriff ge¬ 
führt werden? 
Ein Angriff auf Saloniki, um die Ententestreitkräfte vom Balkan zu 
vertreiben, hätte nicht kriegsentscheidend wirken können. Ein starker, 
von Österreich-Ungarn und von Deutschland gemeinsam gegen Italien 
zu führender Schlag wurde im Großen deutschen Hauptquartier wohl 
ernsthaft erwogen. Seit die Italiener aber am Piave standen, hielt man 
in Kreuznach die Erfolgsmöglichkeiten nicht für sehr groß, weil ein An¬ 
griff ¡aus Tirol die Italiener nicht mehr so empfindlich in der Flanke 
treffen konnte, wie zu der Zeit, als sie noch am Isonzo kämpften. Fast 
alles sprach dafür, 'die nächste Offensive im Westen zu führen, die auch 
die hier befehligenden Armeeführer als dringend nötig bezeichneten, um 
endlich mit der nervenzermürbenden Abwehr zu brechen und das Heil 
im Angriff zu suchen2). Der uneingeschränkte U-Bootkrieg sollte weiter¬ 
geführt werden. Die durch ihn im Jahre 1917 in Großbritannien herauf¬ 
beschworene schwere Krise hatte das Inselkönigreich allerdings größten¬ 
teils bereits überwunden; dies hatte die deutsche Reichsleitung auch 
erkannt. Um so mehr lag das Schwergewicht zur Herbeiführung der 
Entscheidung jetzt beim Heer. 
Dieser Entschluß zur Offensive im Westen hatte, ehe der Kaiser 
seine Genehmigung hiezu erteilte, anfangs Jänner auch die Zustimmung 
des Reichskanzlers Hertling erhalten3). Ein geeinter Wille stärkte somit 
1) Kühl, Der Weltkrieg 1914/18 (Berlin 1929), II, 295. 
2) Ludendorff, Kriegserinnerungen, 434. 
3) Kühl, II, 291.
	        
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