Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Die Besetzung der Ukraine 
Das militärische Unternehmen, das zur Besetzung der Ukraine und 
der angrenzenden, nördlichen Randgebiete des Schwarzen Meeres führte, 
gewann dadurch ein eigenartiges, kennzeichnendes Gepräge, daß die Sto߬ 
richtungen durch die Bahnlinien, die zu erreichenden Abschnitte aber 
durch die Verkehrsknoten gewiesen wurden. Sowohl im Bewegungskrieg 
wie bei den aus Dauerfronten heraus geführten Durchbrüchen war wohl 
bei der strategischen Zielsetzung die Bedeutung der Bahnen als Lebens¬ 
nerven des feindlichen Heeres nicht verkannt worden. Jetzt wurde aber 
das Gewinnen und Behaupten des Bahnnetzes zum Leitgedanken des 
operativen Handelns. Mit einer geschlossenen, festgefügten Feindfront 
war in der Ukraine nicht zu rechnen. Inwieweit und in welcher Stärke 
eine Gegenwirkung eintreten würde, war schwer abzuschätzen. Das beste 
Gegenmittel war schnelles Zugreifen, einem etwaigen Feinde zuvorzu¬ 
kommen, damit er nicht Zeit fände, starke Kräfte entgegenzuführen oder 
sich zu regelrechtem Widerstand festzusetzen. Aus diesen Gründen, dann 
um das großräumige Land, in dem weite Entfernungen zu durchmessen 
waren, beherrschen, befrieden und seine Naturschätze auswerten zu kön¬ 
nen, galt es, sich rasch der Eisenbahnen zu bemächtigen. Bei den Ent¬ 
schlüssen der Führung fiel somit den betriebsfähigen Strecken und dem 
jeweils verfügbaren Fahrpark eine wichtige Rolle zu. 
Die vom Feldkrieg etwas abweichende Technik der Führung ergab 
sich aus der Übung. Das altgewohnte Bild der auf der Heerstraße dahin¬ 
ziehenden, langen Marschsäulen von Mann, Roß und Wagen schwand 
Troß und Kampftruppen, in Vorhut und Hauptkraft gegliedert, wurden 
in Eisenbahnzüge verladen und rollten auf den Schienen ihren Zielen 
zu. Die Erfahrung lehrte bald, der Infanterie stets auch Geschütze mit¬ 
zugeben. Wegen der größeren Spurweite der russischen Bahnen konnten 
die öst.-ung. Panzerzüge, die von Vorteil gewesen wären, nicht verwendet 
werden. Doch leisteten auch behelfsmäßige Züge gute Dienste, wenn¬ 
gleich die Lokomotiven ungeschützt und nur die Wagen, die Geschütze 
und Maschinengewehre trugen, durch Panzerplatten oder Sandsäcke ge¬ 
deckt waren. Die Vortruppen trachteten, Unterbrechungen der Strecke 
zu beheben, bewaffnete Gegenwehr zu bezwingen und den nachfolgen¬ 
den Truppen durch zurückgelassene Sicherungen freie Fahrt zu schaffen. 
Oft verhalf einer kühnen, draufgängerischen Minderzahl ein über¬ 
raschender Zugriff zum Erfolg. Auf viele Bahnkilometer vorgeprellte 
und (durch den Widerstand überlegener Kräfte aufgehaltene Kolonnen- 
spitzen gerieten freilich leicht in gefährliche Lagen, konnten abgeschnit¬ 
ten werden. Denn eine weitab gebliebene oder nachfahrende Hauptkraft,
	        
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