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Die Entwicklung der öst.-ung. Wehrmacht im Jahre 1916
Der Ausbruch des rumänischen Krieges erforderte zuerst die Räumung
und die — übrigens nicht sehr nachhaltig durchgeführte — Zerstörung
von 650 km siebenbürgischer Bahnlinien, die nach dem siegreichen Vor¬
marsche ebenso wie etwa 540 km rumänischer Bahnen rasch wieder
instandgesetzt und in Betrieb genommen werden mußten. Hiezu wurde
im neubesetzten Gebiete als dritte k. u. k. Militärbahnbehörde das
„Heeresbahnkommando Südost" eingerichtet.
Im übrigen gewannen Feld-, Roll- und Seilbahnen in dem Maße
an Bedeutung, als größere Frontteile einen stabilen Charakter annah¬
men. Am dichtesten war das Netz der für den unmittelbaren Front¬
nachschub bestimmten Feld- und Rollbahnen im Norden. Sie wurden
gemischt mit Rollbahnlokomotiven und Triebwagen betrieben. Am besten
bewährten sich die Feldbahn-Generatorenzüge, die aber nur in geringer
Anzahl vorhanden waren. Der Feldbahn-Generato renbetrieb wurde seit
Dezember 1916 von Durazzo aus vorgetrieben und sollte auf dem alba¬
nischen Kriegsschauplatz ganz besondere Bedeutung erlangen. Einzelne
Feldbahnen, z. B. die Strecke Wochein—Feistritz—Zlatorogg, wurden
elektrifiziert, Die normalspurige Kraftwagenbahn Duttoule—Comen be¬
hielt ihre hohe Bedeutung für die Versorgung der Karstkämpfer. Ge¬
radezu eine Lebensbedingung für die Stellungen im Hochgebirge bildeten
die Seilbahnen, die sowohl an Zahl als auch an Leistungsfähigkeit zu¬
nahmen. Um die Jahreswende 1916/17 standen etwa 1200 km Förder¬
seile in Betrieb.
Im großen und ganzen war es also eine recht schwierige Lage, in
der die Wehrmacht der Donaumonarchie den Jahreswechsel 1916/17 er¬
lebte. Sie ging schließlich allen Hemmnissen und Gefahren zum Trotz
nach der Zahl der Einheiten im allgemeinen ungeschmälert aus einer
der gefährlich,sten Krisen hervor. Daß manche Improvisation ver¬
schwand, bedeutete kaum eine ernste Schwächung und wurde jedenfalls
bei weitem wettgemacht durch den Ausbau vor allem der Artillerie.
Es war sicherlich ein günstiger Ausblick, daß dieser Aufstieg dank der
dem Höhepunkte ihrer Leistungskraft zustrebenden Industrie sich noch
in voller fortschreitender Bewegung zu befinden schien.
In Wirklichkeit war man freilich den Grenzen der Entfaltungs¬
fähigkeit schon beinahe ebenso nahe gekommen, wie bei der Heranzie¬
hung der Menschenreserven zum Kriegsdienste. Die Erschöpfung der
Menschenkräfte aber war das zweite Merkmal der La,ge.
Alle diese so schwer wiegenden Fragen traten so recht deutlich in
Erscheinung, als anläßlich der Schaffung des gemeinsamen Oberbefehles,