Volltext: Das Kriegsjahr 1917 ; 6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ; (6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ;)

Bedenken des Kaisers Karl gegen den U-Bootkrieg 
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Kaiser Karl und sein neuer Außenminister Graf Czernin verfolgten, 
ohne zunächst Bestimmtes zu erfahren, diese Vorgänge mit großer Sorge. 
Sie glaubten nicht an die kriegsentscheidende Wirkung der U-Bootwaffe 
und fürchteten die Rückwirkung auf Nordamerika, dessen Eingreifen in 
den Krieg für sie die sichere Niederlage bedeutete1). Nach verschie¬ 
denen, in Berlin ausgestreckten Fühlern, erschienen am 20. Jänner der 
Unterstaatssekretär Zimmermann und der Admiral Holtzendorff in 
Wien, um in zwei Sitzungen, deren erste der Kaiser leitete, das Wiener 
Kabinett nachträglich für dein uneingeschränkten U-Bootkrieg zu ge¬ 
winnen. FM. Conrad und Großadmiral Haus2) sprachen sich für die 
deutschen Forderungen aus, der Kaiser, Czernin und die beiden Mini¬ 
sterpräsidenten Graf Clam3) und Graf Tisza waren im Grunde ihres 
Herzens gegen sie. Zimmermann warf das schwerwiegende Argument in 
die Waagschale, daß ohne das neue Kampfmittel sogar die Behauptung 
der Westfront fraglich sein würde, — ein Argument, das Czernin zu 
starkem Einlenken veranlaß te. Der Kaiser wandte sich trotzdem noch 
in einem Handschreiben an seinen deutschen Verbündeten. Ohne daß 
er es wußte, erwuchs ihm im Grafen Bernstorff, dem deutschen Bot¬ 
schafter in Washington, in zwölfter Stunde ein eifriger Verbündeter. 
Bernstorff gab zu bedenken, daß Wilson entschlossen sei, seine Friedens¬ 
vermittlung fortzusetzen. Deutschland ließ jedoch den amerikanischen 
Präsidenten zwar seine Friedensbedingungen in allgemeinen Umrissen 
wissen, bedauerte aber gleichzeitig, daß der an die längst ausgefah¬ 
renen U-Boote erlassene Befehl schon aus technischen Gründen nicht 
mehr widerrufen werden könne. Der Rubikon war, wie Bethmann-Holl- 
weg nach dem Kriege niederschrieb, bereits überschritten. 
Der von Czernin vorübergehend erwogene Gedanke, dem uneinge¬ 
schränkten U-Bootkriege fernzubleiben, wurde sehr rasch fallen ge¬ 
lassen. So erhielten auch die öst.-ung. Tauchboote, zwölf an der Zahl, 
die entsprechenden Aufträge. Die Sperrgebiete um Europa nach der 
Verlautbarung für den 1. Februar 1917 zeigt die Beilage 1. 
*) Czernin, Im Weltkriege (Berlin 1919), 2. Aufl., 152 ff. — Werkmann, 
Deutschland als Verbündeter (Berlin 1932), 107 ff. — Glaise-Hor stenau, 
Österreich-Ungarns Politik in den Kriegsjahren 1914 bis 1917 (Schwarte, Der 
große Krieg 1914—1918, V, 327 ff.). — Glaise-Horstenau, Die Katastrophe — 
Die Zertrümmerung Österreich-Ungarns und das Werden der Nachfolgestaaten (Wien 
1929), 90 ff. 
2) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—1918 
(Wien 1933), 341. 
3) Nachfolger Koerbers als Chef der österreichischen Regierung.
	        
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