Die Verluste bei Freund und Feind
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Rückblick
Das geschilderte dreiwöchige Ringen übertraf die vorhergegangenen
neun Isonzoschlachten in allen Abmessungen um ein Vielfaches. Im Rah¬
men der großen, allgemeinen Offensive, die der Vierverband in schrof¬
fer Verneinung des Friedensangebotes der Mittelmächte beschlossen
hatte, hofften die Italiener, heim zehnten Angriff am Isonzo die Kriegs¬
entscheidung — koste es, was es wolle — zu erzwingen. Obwohl Ru߬
land sich ohnmächtig zeigte, die seinerzeit getroffenen Vereinbarungen
einzuhalten, und wenngleich die Frühjahrsoffensive der Westmächte
schon als gescheitert angesehen werden konnte, schritt Italien nach eini¬
gem Zögern an die Ausführung des gewaltigen Vorhabens.
Sechs Monate hindurch hatte die italienische Heeresleitung alle
Kräfte des Landes aufs höchste angespannt, um den Erfolg verbürgen
zu können. Die ältesten und die jüngsten, bisher nicht verpflichteten
Mannschaftsjahrgänge waren unter die Fahnen gerufen, die Erzeugung
von Kriegsgerät und Schießbedarf mit Hochdruck betrieben worden.
Derart konnte die Heeresleitung bei Belassen namhafter Sicherungs¬
truppen in der Flanke und im Rücken nicht weniger als 280.000 Front-
streiter sowie 2200 Geschütze und etwa 1000 Min en werf er in die
Entscheidungsschlacht einsetzen.
Allein, der gewaltige Anlauf, der mit einem Hochlied des Sieges
ausklingen sollte, endete mit einer schweren Enttäuschung. Das An¬
griffsheer büßte rund 36.000 Tote und 96.000 Verwundete nebst 27.000
Gefangenen ein und gewann nur einen ganz unbedeutenden Gelände¬
streifen. Die k. u. k. Isonzoarmee konnte hingegen einen neuen großen
Abwehrsieg in die Geschichte des öst.-ung. Heeres vermerken, der bei
einem Feuergewehrstand von 165.000 in den Kampf getretenen Strei¬
tern mit einer Einbuße von 76.300 Mann erstritten wurde, von denen
7300 durch Tod, 45.000 durch Verwundung und 23.400 durch Ge¬
fangenschaft ausgeschieden waren.
Die Mehrzahl der Opfer fiel durch die Wirkung der Artillerie, die
sowohl an Zahl wie an Gattung bedeutend mächtiger war als in den
früheren Isonzoschlachten. Die öst.-ung. Artillerie zählte rund 1400 Ge¬
schütze und rund 500 Minen werf er. Sie verschoß die ungeheure Menge
von 37.800 t Munition. Die Italiener mögen wohl noch weit größere
Massen verfeuert haben. Wenn die durch die Verluste gekennzeichnete
Wirkung der öst.-ung. Artillerie bedeutend größer war als die der ita¬
lienischen, so wird dies zunächst mit dem Mißverhältnis begründet, das