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Winter und Frühjahrsanfang 1917
Balkanfront eine Übereinstimmung der Kampfhandlungen möglich zu
werden; doch auch das Orientheer vermochte aus verschiedenen Ur¬
sachen den Stichtag nicht einzuhalten. Der als Ablenkungsangriff ge¬
dachte Vorstoß zweier britischer Divisionen zwischen Dojransee und
Vardar, dem ein durch Seestreitkräfte unterstütztes Nebenunternehmen
zwischen dem Tahinosee und dem Meere vorangegangen war, konnte
erst am 25. April losbrechen. Er erzielte bloß einen Anfangserfolg und
blieb — weil unausgenützt — ohne Einfluß auf den Verlauf der Schlacht
der Hauptkräfte. Diese griffen mit der aus Franzosen und Venizelisten
zusammengesetzten Vardargruppe am 5., mit der aus Serben, Fran¬
zosen, Italienern und Russen bestehenden Cernagruppe wegen des an¬
dauernden Schneetreibens sogar erst am 9. Mai an1). Bis dahin hatte
ein Großteil des englischen Erfolges gegenüber bulgarischen Gegen¬
angriffen wieder aufgegeben werden müssen. Wohl aber vermochten die
inneren Flügel der Vardargruppe und der serbischen 2. Armee einen
kleinen Raumgewinn zu erringen.
Der Schwung der nach längerem Artilleriefeuer am 9. Mai zum
Angriff antretenden Cernagruppe wurde durch die ungünstigen Nach¬
richten über den Verlauf der Ententeoffensive in Frankreich sehr be¬
einträchtigt. Sogar die bisher ungeschmälerte Angriffslust der Serben
ließ zu wünschen übrig, da auf sie die enge Verbindung mit den kriegs¬
müden Russen nicht ohne Einfluß geblieben war. Auch wirkten die stets
sinkenden Kampfstände der Serben auf ihre Stimmung niederdrückend.
Die zur Auffüllung in Aussicht gestellten 12.000 öst.-ung. Gefangenen
slawischer Nationalität trafen erst Mitte Mai in Saloniki ein. Kein Wun¬
der, daß es der jetzt unter dem Oberbefehl des GdA. Scholz stehenden
bulgarisch-deutschen Heeresgruppe, die außer starker deutscher Artil¬
lerie und Sondertruppen nur 24 deutsche Bataillone in ihren Reihen
zählte, ohne nennenswerte Raumeinbuße glückte, den Ansturm abzu¬
wehren. Am 23. Mai brach Sarrail die ergebnislos gebliebene Schlacht
ab. Auch in den albanischen Seenengen war ein am 8. Mai vorgetragener
französischer Angriff vor den öst.-ung. und bulgarischen Stellungen
zerschellt.
Das jetzt als XVI. Korps bezeichnete italienische Expeditionskorps
begnügte sich damit, seine Front nach Osten bis Herseg südlich von
Korea auszudehnen und dadurch die Lücke zum französischen West¬
flügel zu schließen. Die Italiener schoben aber auch Kräfte über die
!) Großer Generalstab, Der große Krieg Serbiens zur Befreiung der
Serben, Kroaten und Slowenen (Belgrad 1924), XXII, 220 ff.