Entschluß Cadornas zum Großangriff am Isonzo
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sowie die Nachricht, daß GO. Conrad die Führung in Tirol übernom¬
men habe, verstärkten die Befürchtungen vor dem Rückenangriff. Daher
wurden an der italienisch-schweizerischen Grenze neue Verschanzungen
aufgeworfen und besetzt, weiters gegenüber von Südtirol und im Räume
zwischen Vicenza, Monselice und Padua vier Divisionen bereitgestellt.
In den politischen Kreisen der Hauptstadt wiederholte sich das unwür¬
dige Schauspiel, das im vergangenen Jahr während der Südtiroler Of¬
fensive namentlich von den Sozialisten aufgeführt worden war. Cadorna
mußte nach Rom eilen, um die Geängstigten zu beruhigen.
Ende März kam der Generalstabschef des englischen Heeres, Gen.
Robertson, nach Italien. Cadorna drang in ihn, eine unmittelbare Unter¬
stützung auch für den Fall notgedrungener Abwehr zu erwirken. Aber
er erhielt die gleiche Antwort, wie einige Wochen früher vom Gen.
Nivelle1). Erst im April, als dann auch Gen. Foch im Auftrage des
neuen französischen Kriegsministers Painlevé ins italienische Haupt¬
quartier kam, wurde eine Vereinbarung getroffen, derzufolge Italien
16 englische 15 cm-Haubitzbatterien und 35 französische schwere Ge¬
schütze erhielt.
Um indessen für jeden Fall gewappnet zu sein, stellte sich die
italienische Heeresleitung in den ersten Apriltagen eine allgemeine Re¬
serve in der Stärke von zehn Divisionen bereit, die sie vornehmlich den
Armeen am Isonzo entnahm. Zugleich wurde die Front auf der Hoch¬
fläche der Sieben Gemeinden abermals verstärkt. Erst als Mitte April
die Heere der Westmächte gegen die deutsche Front anrannten, atmete
man in Italien erleichtert auf. Gleichzeitig scheint dem italienischen Ge¬
neralstab auch von anderer Seite die Sorge wegen eines österreichisch-
deutschen Angriffes genommen worden zu sein. Nunmehr, am 19. April,
gab das italienische Höchstkommando Weisungen für den nächsten
Großangriff am Isonzo. Es sollten aber noch Wochen vergehen, ehe der
Kampf begann.
Für diese neue Offensive stand das italienische Heer zahlenmäßig
stärker da, als im Jahre vorher. Im Laufe des Winters waren 151 neue
Bataillone aufgestellt worden, von denen 96 zur Bildung von acht neuen
Divisionen verwendet wurden. Die Artillerie erfuhr eine Vermehrung
um 52 leichte, 166 schwere und 44 Gebirgsbatterien. Die Zahl der
schwersten Geschütze stieg vom Mai 1916 bis Mai 1917 von 1180 auf
2100. Zahlreiche Maschinengewehre und großkalibrige Minenwerfer
kamen hinzu.
x) Cadorna, La guerra, Neudruck 1934, 352.