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Winter und Frühjahrsanfang 1917
schweren Frühjahrskämpfe mit standesstarken, möglichst ausgeruhten
Verbänden, in vollendeten Verteidigungsanlagen und in jeder Beziehung
gründlichst vorbereitet eintreten soll. Das Armeekommando wird die
Erreichung dieses Zieles vor allem dadurch zu fördern haben, daß die
Entspannung der Lage ausgenützt wird, um Truppen aus dem Feuer¬
bereiche herauszunehmen und in der Ablösung nach einem bis Ende
März reichenden Plane vorzugehen, der eine ausgiebige Retablierung
und Ausbildung mehrerer höherer Verbände ermöglicht." Dann wieder¬
holte Conrad, auf die letzte Meinungsäußerung des GO. Boroevic über
die vermutete Stoßrichtung des Feindes eingehend, daß „bei selbstver¬
ständlicher Voraussetzung des italienischen Hauptangriffes im unteren
Isonzogebiet, angesichts der zunehmenden Kraftentfaltung des italie¬
nischen Heeres, mit einer Erweiterung des feindlichen Angriffes nach
Norden hin, also mit einem verstärkten Druck gegen die Räume von
Piava und Tolmein, gerechnet werden muß". Ein Erfolg des Feindes
bei Piava würde, wenn er gegen Südosten übergreife, Einfluß auf die
Lage östlich von Görz gewinnen. Zur Eroberung des Brückenkopfes
von Tolmein könne sich der Italiener aus politischen Gründen verlockt
sehen. Die Heeresleitung sei gegenwärtig nicht imstande, jene Räume
durch neue Kräfte zu schützen. Es sei also notwendig, daß das Armee¬
kommando Vorkehrungen treffe, wenn auch nur, um nötigenfalls im
Räume von Tolmein eine stärkere Artillerie rasch in Stellung bringen
zu können. Ein Teil der künftighin der Armee noch zurollenden Bat¬
terien müsse dorthin dirigiert werden. Die Entscheidung darüber, wann
eine stärkere Reserve für den Nordabschnitt bereitzustellen sein werde,
bleibe dem Armeekommando überlassen.
Ferner wurde GO. Boroevic in Kenntnis gesetzt, daß die demnächst
nördlich von Triest eintreffende 7. ID. als Reserve der Heeresleitung
zu gelten habe. Das Armeekommando könne zwar diese Division, eben¬
so wie es mit der 41. HID. geschehen war, in den Rundlauf der Ab¬
lösungen einbeziehen, doch müßten dann immer wieder zwei Divisionen
an der Südbahn als Reserve der Heeresleitung bereitstehen. Diese Be¬
schränkung des Verfügungsrechtes mochte dem GO. Boroevic wenig
zusagen. Die Heeresleitung sah sich aber zu der Maßnahme genötigt,
weil ihr anderswie keine Heeresreserven zu Gebote standen. Waren
doch im Gegensatz zu anderen Heeren während des letzten Jahres —
von fünf für den rumänischen Kriegsschauplatz bestimmten Brigaden
abgesehen (S. 50) — keine neuen Heereskörper aufgestellt worden; auch
war das Freimachen von Kräften aus anderen Frontabschnitten nicht