Die Ursachen der russischen Revolution
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von allen ungünstigen Nachrichten abgesperrten Orte und brachten so
zugleich mit ihrem namenlosen Elende den Keim der Unzufriedenheit
und der Auflehnung gegen die Regierung, die dieses Unglück nicht
hatte verhindern können. Den Generalen wurde Unfähigkeit und der
Verwaltung, namentlich der des Heeres, Mißwirtschaft bei der Ver¬
sorgung der Truppe mit Waffen und Munition vorgeworfen. Im Volke
begann es zu gären, man verlangte von dem verhaßten absolutistischen
Regiment freiheitliche Zugeständnisse. Der Ruf nach einem verantwort¬
lichen Ministerium wurde immer häufiger, die gesellschaftlichen Kräfte
gerieten in Bewegung, und es mußte ihnen Gelegenheit zur Betätigung
gegeben werden. Es entstanden Organisationen, die die veraltete Büro¬
kratie unterstützten, überwachten oder ersetzten und damit die Axt
an den morschen Baum des Verwaltungsapparates legten.
Um die Leistungsfähigkeit der Kriegsindustrie zu steigern, wurde
neben dem Kriegsministerium ein „Sonderausschuß" für die Versorgung
des Heeres gebildet, in dejn Vertreter der Industrie und der Selbstver¬
waltung sowie Mitglieder der Duma bestimmenden Einfluß gewannen.
Die ,,Kriegsindustriekomitees" waren mit Vertretern der Arbeiterschaft
durchsetzt, der Landschafts- und Städtebund betätigte sich in der Für¬
sorge für die Kranken und Verwundeten. Alle diese Körperschaften
arbeiteten mit finanzieller Unterstützung aus Staatsmitteln, benützten
diese Gelder aber auch zur Organisierung ihrer Kräfte gegen den Staat.
Sie wurden der Zufluchtsort für die unendliche Schar der Drücke¬
berger, sie bildeten die Kanäle, durch die die revolutionäre Propaganda
den Weg zur Truppe fand.
Die Offensive im Sommer 1916 brachte unter schweren Blutopfern
Raumgewinn, änderte aber an der Kriegslage nichts; sie gewann zwar
Rumänien für die Verbündeten und rettete Italien, aber nicht Rußland,
das sich für die Entente verblutete. Die Mobilisierung der Kriegsindu¬
strie mit Hilfe der gesellschaftlichen Kräfte hatte das kriegsmüde Volk
und das Land dem versprochenen Siege nicht näher gebracht. Dazu
kam im Herbst 1916 die Enttäuschung über Rumänien. Erbittert wurde
der Kampf der politischen Richtungen um die Macht im Staate fort¬
gesetzt. Er verzehrte die Kräfte, statt sie gegen den äußeren Feind zu¬
sammenzufassen und zu verstärken. Zündstoff hatte die schwache
Staatsleitung mit ihrer erwiesenen Unfähigkeit in reichlichem Maße
geliefert. Bürgerliche Imperialisten standen in schärfster Opposition zu
den Friedensfühlern, die die Regierung Stürmer zu den Mittelmächten
ausgestreckt hatte. Im November wurde das konservative Ministerium