Volltext: Das Kriegsjahr 1917 ; 6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ; (6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ;)

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Winter und Frühjahrsanfang 1917 
die Zahl der Geschütze auf 5459 leichte und 1946 schwere vermehrt. 
Munition war reichlich vorhanden, an Gewehren gab es neben russischen 
auch österreichische, japanische und französische. In den Vereinigten 
Staaten waren große Bestellungen an Kriegsgerät gemacht worden; an 
Maschinengewehren waren bei den Armeen im Felde insgesamt 15.000 
vorhanden, die Neuaufstellung von Batterien und von 100 Maschinen¬ 
gewehrkompagnien war beabsichtigt. Aus England und Frankreich • 
trafen zahlreiche Flugzeuge ein, aus Frankreich überdies Artillerie- 
instruktoren1). 
Rußlands Wirtschaftslage war allerdings eine sehr schwierige ge¬ 
worden. Das Transportwesen war in Unordnung geraten; es fehlte an 
Kohle. Die Arbeiterschaft war kriegsmüde, die Propaganda gegen den 
Krieg, gegen die alte Ordnung im Zarenreiche hatte an Stärke zuge¬ 
nommen. An der Front sah es wohl besser aus, aber auch dort begann 
sich bereits eine tiefgehende Wandlung zu vollziehen. 
Mitte Februar legte der Kommandant der russischen Nordfront, 
Gdl. Rußki, der Stawka einen Bericht vor, in dem es hieß, daß der gute 
Geist der Truppe im Schwinden und aus dem kaiserlichen Heere eine 
„Miliz" geworden sei. Bei einem Angriff an der Nordfront im Jän¬ 
ner 1917 hatte sich die 4. Spezialdivision geweigert, die Schützengräben 
zu verlassen. Schlimme Zeichen der Auflehnung wurden vom VII. sib. 
Korps an der Südwestfront gemeldet. Schon vollzog sich an der Front 
von Riga bis Reni, hier zögernd, dort drängender, der gärende Riesen¬ 
prozeß der Auflösung als natürliche Folge der furchtbaren Anstrenr- 
gungen, die dem russischen Heere in unzähligen Schlachten zugemutet 
worden waren. 
Es kann hier nicht unternommen werden, alle Ursachen und Ver¬ 
anlassungen darzulegen, die Rußland zur Katastrophe des Jahres 1917 
führten. Das russische Heer hatte unter den Siegesschlägen der ver*- 
bündeten Mittelmächte im Sommer 1915 schwere Wunden erhalten. Zu 
der Tatsache der Niederlagen selbst kamen ihre Auswirkungen, die sich 
vom Sommer 1915 an im Volke und Staate bemerkbar machten. Das 
Leben der breiten Masse des russischen Volkes war bisher in der Heimat 
vom Kriege noch nicht unmittelbar berührt gewesen; bisher hatten nur 
die fremdstämmigen Grenzvölker im Westen unter den Schrecken des 
Krieges zu leiden gehabt. Nun aber überschwemmten Millionen zwangs¬ 
weise angesiedelter Flüchtlinge ganz Rußland. Sie trugen die Kunde 
von den Ereignissen an der Front in die entlegentsten, bisher künstlich 
i) K n o X, II, 510 ff.
	        
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