Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

486 
Die Offensive der Russen im Sommer 1916 
nur unter großen Mühen — geglückt, wieder eine geschlossene Front 
zu bilden. In Wolhynien stellten sich die Divisionen Linsingens zum 
Gegenangriff bereit, der am 16. zu beginnen hatte. Dennoch hielt 
Conrads pessimistische Stimmung an, die durch die Erkenntnis über 
die Aussichtslosigkeit weiterer Angriffe auf der Hochfläche der Sieben 
Gemeinden und durch ungünstige Nachrichten über das künftige Ver¬ 
halten Rumäniens noch verdüstert wurde. 
In seiner seelischen Bedrängnis wandte sich Conrad am 15. Juni 
abends noch einmal an seinen reichsdeutschen Kollegen und teilte ihm 
mit dem Hinweis, daß man „sichtlich in der größten Krise des Welt¬ 
krieges" stehe, seine Auffassung der Lage mit. Conrad meinte, die 
Russen würden jetzt an der öst.-ung. Front die Entscheidung erzwingen 
wollen, um sich — ohne in den Fehler vom Herbst 1914 zu verfallen, 
wo Großfürst Nikolai Nikolajewitsch schon nach halbem Siege über 
die öst.-ung. Armee von ihr abließ (Bd. I, S. 351 ff.) — nach völligem 
Niederwerfen des k. u. k. Heeres gegen Deutschland wenden zu können. 
Meldungen über das Auftauchen von bisher nördlich von Pripiatj ange¬ 
setzten russischen Kräften, III., XXXIV. und V. sib. Korps, im Räume 
westlich von Luck sowie über russische Truppenansammlungen bei 
Czortków—Buezacz seien geeignet, seine Ansicht zu bestätigen. 
Conrad beschwor nun Falkenhayn, um die von den Russen gesuchte 
Kriegsentscheidung durchzustehen, alle sonst irgendwo entbehrlichen 
Kräfte in den Raum zwischen der Linie Brest-Litowsk—Rowno und der 
San—Dniesterlinie heranzuführen. Durch eine „kraftvolle Offensive an 
geeigneter Stelle" sollten dann die Verbündeten versuchen, an der 
Ostfront selbst die Entscheidung zu erzwingen. Conrad wollte hiefür 
der italienischen Front noch zwei Divisionen entnehmen, fügte aber bei, 
daß dann dort „300 Bataillone gegen 620 Bataillone der Italiener stehen 
werden, wohl das äußerste Mindestmaß, um ein Vordringen der letzte¬ 
ren in das Innerste der Monarchie abzuwehren, das ja ebenfalls kriegs¬ 
entscheidend wirken würde". 
Falkenhayn wollte Conrads Drahtschreiben erst am 16. oder 17. 
beantworten, denn am 16. begann die Gegenoffensive Linsingens, von 
deren erstem Ergebnis der deutsche Generalstabschef eine seine wei¬ 
teren Entschlüsse beeinflussende Klärung der Lage erwartete. 
Während Conrad und Falkenhayn in sorgenvoller Gedankenarbeit 
sich mühten, die Lage im Osten wieder herzustellen, reiften in den¬ 
selben Tagen bei der hohen russischen Führung neue Pläne aus.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.