Volltext: Von der Einnahme von Brest-Litowsk bis zur Jahreswende 3 : Das Kriegsjahr 1915 2 [Textbd.] (3 : Das Kriegsjahr 1915 ; 2 ; [Textbd.] ;)

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Die Herbstschlachten an der italienischen Front 
Truppen immer wieder die hervorragende Tapferkeit der italienischen 
Infanterie und zumal ihrer Offiziere hervorgehoben. Überdies zeitigte 
mehrmonatige Kriegserfahrung beim Angreifer allenthalben ihre Früchte. 
Sowohl die Schießfertigkeit seiner Artillerie wie die Angriffstechnik des 
Fußvolkes hatten bemerkenswerte Fortschritte gemacht. 
Die Opfer, die hüben und drüben dargebracht werden mußten, 
waren freilich überaus schwer. „Auf beiden Seiten mochte man sich", 
schreibt ein Mitkämpfer, „eingestanden haben, daß die Sache viel, viel 
ernster geworden war, als man erwartet hatte. Die Italiener sprachen 
nicht mehr vom Spaziergang nach Wien; aber auch für die Österreicher 
war der Isonzo etwas ganz anderes geworden als Novara und Cuistoza. 
Die Walstatt am Isonzo hatte sich zu einer Hölle entwickelt wie für die 
Deutschen die schlimmsten Teile der Westfront, denen gegenüber die 
Abberufung auf einen beliebigen anderen Kriegsschauplatz schon Reta- 
blierung, Ruhe und Erholung bedeutete1)." In der Tat hatten für den, 
der einmal am Isonzo gefochten hatte, andere Schlachtfelder einen guten 
Teil ihres Schreckens verloren. Daß dabei trotzdem auf öst.-ung. Seite 
Truppen, die es im Osten wiederholt an der erwünschten Widerstandis- 
kraft hatten fehlen lassen, auf dem Karst, bei Görz und in den Julischen 
Alpen „wie die Löwen kämpften", ist schon in anderem Zusammenhange 
hervorgehoben worden. 
In Sturm und Wetter, in Regen und Schnee war Mitte Dezember 
der Feuerbrand der Herbstschlachten am Isonzo völlig erloschen. Nach 
acht langen, schweren Wochen hatten Freund und Feind, zu Tode er¬ 
mattet, die Waffen sinken lassen. Schon geraume Zeit zuvor war der 
Krieg in den Gemarkungen von Kärnten und Tirol durch einen frühen 
Winter in Fesseln gelegt worden. Als am Isonzo knapp vor Weihnachten 
die letzten Flammen in sich zusammenfielen, da lag die Doppelkette der 
Schützenlinien noch unverändert dort, wo sie der blutige Herbstmorgen, 
an dem die zweite Isonzooffensive der Italiener begann, angetroffen hatte. 
Und unverändert hielt ein halbes Jahr, nachdem Italien mit frischer 
Kraft in den Kampf gezogen war, die Abwehrfront in ihrer ganzen 
Ausdehnung vom Stilfserjoch bis zur Adria. Ohne Behinderung durch 
den neuen Feind hatte die Heerführung der Mittelmächte diese sechs 
ereignisreichen Monate hindurch ihren großen Zielen auf den östlichen 
Kriegstheatern nachgehen können: ihr Schwert war am Isonzo und in 
den Grenzgebirgen Venetiens unverrückbar fest eingerammt gewesen. 
*) Veith, Die Isonzoverteidigung, 1051 f.
	        
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