Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Die Sommerschlachten gegen Italien 
namentlich wenn man sie mit einer Unternehmung an einem südlicheren 
Punkte der Adriaküste verbunden hätte, für die Monarchie ein gewiß 
außerordentlich empfindlicher Schlag gewesen. Trotzdem steht zur Er¬ 
wägung, ob nicht eine andere Angriffsrichtung militärisch rascher zu 
einem, vollen Erfolge geführt hätte. 
In der Tat hat Cadorna seine erste Offensive im Karstbereiche von 
zwei Unternehmungen begleiten lassen, deren eine das Pustertal bei Tob¬ 
lach, die andere den Raum Tarvis—Villach zum Ziele hatte. Gen. Alberti 
erblickt in der erstgenannten Richtung die einzige, in der, rein theoretisch 
betrachtet, eine rasche Entscheidung zu erreichen gewesen wäre1). Aber 
die strategischen und taktischen Vorbedingungen seien durch die Flanken¬ 
bedrohung aus Tirol und bei dem schwierigen Gelände so ungünstig 
gewesen, daß Cadorna recht gehabt habe, auf einen Hauptangriff in 
diesem Räume von Haus aus zu verzichten. Mögen diese Erwägungen 
manches für sich haben, so wird man dem ebengenannten Kriegshistoriker 
kaum zustimmen können, wenn er folgert, daß die Schwierigkeiten eines 
Vordringens in das Pustertal das italienische Heer überhaupt von Beginn 
an zur Führung eines Abnützungskrieges verurteilt hätten. Dazu war man 
auch dann noch nicht genötigt, als Erzherzog Eugen und Boroevic Mitte 
Juni schon eine stärkere Abwehrfront am Isonzo errichtet hatten. Ange¬ 
nommen selbst, daß der Widerstand dieser gegnerischen Front die Ge¬ 
legenheit zu einem kurzen Schlage nicht mehr bot, so ergaben sich 
zweifellos in der Richtung auf Tarvis und Villach Erfolgsmöglichkeiten, 
deren Ausnützung gegenüber der noch sehr lockeren Grenzbewachung 
den Niederbruch der Isonzofront herbeizuführen imstande war. Napoleon 
hat im Jahre 1797 diesen Weg eingeschlagen, der ihn rasch bis Leoben 
führte. Das Unternehmen, das Cadorna in den ersten Kriegswochen in 
dieser Richtung ansetzte, entbehrte von Anbeginn des nötigen Schwunges, 
indes der Vorstoß auf Toblach überhaupt nicht zur Entwicklung kam. 
Wenn Cadornas Wagemut zu wünschen übrig ließ, so zeigte sein 
Gegner Conrad umso mehr von dieser Eigenschaft, als er in den Tagen 
vor Kriegsausbruch bei aller begreiflichen Niedergeschlagenheit den Ge¬ 
danken verfocht, die Italiener über den Karst und die Julischen Grenz¬ 
gebirge vorbrechen zu lassen und bei ihrem Austritte aus den Gebirgen 
mit inzwischen zusammengezogenen 20 Divisionen anzufallen. Ein solcher 
Plan entsprach durchaus dem Denken eines Feldherrn, der nie mehr litt, 
als wenn er dem Feinde die Initiative auf längere Dauer überlassen mußte. 
Dennoch wird seine Zweckmäßigkeit von der Kritik fast durchwegs 
!) Alberti, 47ff.
	        
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