Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

56 
Der Karpathenwinter 1914/15 
Stande des über die Weichsel zurückgedrängten Zarenheeres ab. Immer¬ 
hin sagte der deutsche Generalstabschef seinem Kollegen zu, dem Ost¬ 
heere nicht früher Kräfte zu entziehen, bis die in Breslau beschlossene 
erste Etappe der Operation erreicht war. 
Conrad meinte, wenn man die Russen über die Weichsel geworfen 
habe, ohne daß die Offensive weitergeführt werde, so wären im Strom¬ 
bogen je fünf deutsche und öst.-ung. Korps zu belassen, die aber nicht in 
einer „ununterbrochenen Schützenlinie" aufgestellt werden sollten, son¬ 
dern nur mit Vortruppen in gut befestigten Linien, die Massen hingegen 
im Staffelverhältnis an beiden Flügeln. Dieser Vorschlag beleuchtete die 
berechtigte Abneigung Conrads gegen den Stellungskordon mit seiner 
gleichmäßigen Kräfteverteilung. In der Folge gelang es freilich weder 
ihm noch einem anderen Heerführer, sich von den Fesseln des Stellungs¬ 
krieges frei zu machen. 
Zu einem Beschlüsse über diese Frage kam es in Oppeln nicht1). 
Auch über die Verwaltung der okkupierten Teile Polens wurde gesprochen. 
Falkenhayn glaubte, daß die Truppenbereiche die Grenze zu bilden hätten, 
überdies aber die Kreise von Bendzin und Czenstochau in deutscher Ver¬ 
waltung zu belassen wären. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden 2). 
Die k.u.k. Heeresleitung gab nunmehr am 20. Dezember spät abends 
zur Fortführung der Operationen Richtlinien aus. Das Hauptgewicht 
wurde nach wie vor auf die beiderseitige Umfassung des russischen Heeres 
gelegt, von Norden her durch die deutsche 9. Armee, die sich hiezu den 
Ausgangsraum wohl erst erkämpfen mußte, und von Süden her durch 
die 3. Armee. Erzherzog Joseph Ferdinand, Dankl und Woyrsch hatten 
sich vorläufig zu behaupten und nur anzugreifen, wenn der Feind vor 
ihnen Kräfte abzog. Wieder dachte Conrad daran, den rechten Flügel der 
3. Armee, wenn sich die Lage günstig entwickelte, auf einer weiter östlich 
gelegenen Linie vorrücken zu lassen, um Przemysl zu entsetzen und da¬ 
mit eine verläßliche Karpathensicherung zu erreichen. Noch immer blieb 
aber das AOK. im ungewissen, ob die Russen auf ihrem vermeintlichen 
Rückzüge hinter den San nicht doch nur vorübergehend Front machten3). 
In einem tags darauf an den Minister des Äußern gerichteten Schreiben4) 
*■) In Oppeln wurde auch über die Besetzung des Negotiner Kreises in Serbien 
verhandelt, wodurch die Munitionsversorgung der Türkei sichergestellt werden sollte. 
2) Es handelte sich vornehmlich um das Kohlen- und Industriebecken von Bend- 
zin-D^browa. Am 10. Januar 1915 wurde in Posen von den Verbündeten beschlossen, 
dieses Gebiet zu teilen, um eine beiderseitige Auswertung zu ermöglichen. 
3) C o n r a d, V, 832. 
*) Ebenda, V, 852 ff.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.