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Der Feldzug von Brest-Litowsk
auch Gen. Iwanow, der Führer der Südwestfront, machte sich mit den
für den Fall eines durch den Feind erzwungenen Rückzuges der 8. Armee
zu ergreifenden Maßnahmen vertraut. Offenbar über die von Alexejew
der 13. Armee zugedachte Rückzugsrichtung schon orientiert, hatte er
Brussilow bereits am 1. August beauftragt, auf dem Nordflügel bei Poryck
undMilatyn ein durch eine Inf anteriebrigade verstärktes Reitergeschwader
zu versammeln, was ihm dann das Verlängern seines Nordflügels er¬
leichtern würde (S. 666).
Nicht geringer war der Meinungsstreit zwischen Alexejew und der
Stawka wegen des in Kurland stehenden Nordflügels der Nordwest¬
front, in welche Erörterungen auch der um Riga besorgte Präsident der
Duma eingriff. Der Generalquartiermeister der Stawka, Gen. Danilow,
beantragte die Herstellung einer möglichst geradlinigen, von Riga über
Kowno und Bjelostok nach Brest-Litowsk verlaufenden Front. Dem¬
gegenüber maß Alexejew einer wenigstens teilweisen Behauptung des
„vorderen Kriegsschauplatzes" auf dem rechten Ufer des unteren Bug
erhöhte Bedeutung bei, was den Vorteil gehabt hätte, die Umfassung
Ostpreußens nicht vollständig aufgeben zu müssen1). Diese Meinungsver¬
schiedenheiten waren nicht zum geringsten der Anlaß dafür, daß man
in Baranowiczi schon an eine Teilung der übergroßen Nordwestfront
dachte; als Führer für den abzutrennenden Nordflügel wurde Gen.
Rußki genannt2). Doch blieb es schließlich dabei, daß Alexejew den Rück¬
zug seines acht Armeen starken Nordwestheeres noch allein leiten sollte.
Die Schlacht bei Lubartów
(5. bis 8. August)
Hiezu Beilage 34
Von Iwangorod über die flachen Bodenwellen südlich von Michów
nach Lubartów zogen sich die wohlvorbereiteten Stellungen, in denen das
GrenKorps, das XXV. und das XV. Korps den Truppen des Erzherzogs
Joseph Ferdinand den Weg zum Wieprz versperrten. Im Anschluß daran
hatten sich Schützen des VI. sib. Korps rechts vom Wieprz flußaufwärts
bis Ruska Wola und auf den Höhen östlich davon eingenistet.
Mackensen hatte am 4. August der 4. Armee befohlen, „das Vor¬
gehen gegen den Wieprz in der bisherigen Richtung fortzusetzen und
Lubartów schnell in Besitz zu nehmen". Das 4. Armeekmdo. verfügte
nun die Fortführung des Angriffes für den 6. August. Es beabsichtigte,
1) Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 343.
2) Nesnamow, IV, 84.