Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Bestrebungen der Heeresleitung 
29 
Feinde zu entweichen. Wenig befriedigten in den Karpathen die Truppen 
aus Istrien. Besondere moralische Belastung legte die Besetzung Ost- 
und Mittelgaliziens durch die Russen den von dort stammenden ruthe- 
nisch-polnischen Regimentern auf. Ihre Soldaten wußten Familie, Haus 
und Herd hinter den feindlichen Schützenlinien einem unbestimmten 
Schicksal preisgegeben. Es war zu verwundern, daß nicht viel, viel mehr 
Leute dem Lockruf der Russen, frei in die Heimat zurückzukehren, 
erlagen, als es wirklich geschah1). 
Die Heeresleitung, welche die ungünstigen politischen Einwirkungen 
auf die Armee mit wachsender Sorge verfolgte, erblickte nicht zu Un¬ 
recht die Wurzel alles Übels in den nationalpolitischen Verhältnissen des 
Reichsinnern. Wohl waren schon seit Kriegsbeginn Hochverrat und die 
diesem verwandten Vergehen und Verbrechen auch im Hinterlande der 
militärischen Gerichtsbarkeit unterworfen2), das hatte sich aber nicht 
als hinreichend wirksam erwiesen. Das AOK. bemühte sich, die beiden 
Regierungen zu einem schärferen Kurs zu gewinnen, stieß aber auf die 
bestimmte Ablehnung sowohl der Kabinette als auch des Kaisers selbst. 
Die Ministerpräsidenten stellten die Tatsachen wohl nicht in Abrede, 
hielten aber die Schilderungen des AOK. für übertrieben und waren auch 
der Anschauung, daß durch allzu scharfe Mittel die Lage höchstens noch 
verschlechtert werden könnte. Auch die Vorschläge, für Böhmen einen 
militärischen Statthalter und auch für Kroatien einen General als Banus 
zu bestellen, blieben unberücksichtigt. In Bosnien und in der Herzego¬ 
wina schritt der um Weihnachten 1914 zum Landeschef ernannte Gdl. 
v. Sarkotic mit sicherer Hand an die Befriedung des noch zum KriegSr- 
gebiet gehörenden Landes3). 
Der deutsche Bundesgenosse war im Monate Oktober zum erstenmal 
in nähere Berührung mit dem öst.-ung. Heere getreten. Das Urteil, das 
er um die Jahreswende über dieses hatte, war recht düster; wie leicht 
man bei solchen Äußerungen allerdings den Eindrücken des Augen¬ 
blickes erliegt, zeigt sich daraus, daß Falkenhayn zu derselben Zeit auch 
das deutsche Heer ein „zertrümmertes Werkzeug" nannte4). 
!) Den besetzten Gebieten entstammte fast ein Achtel der gesamten Wehrmacht. 
2) Vgl. Redlich, Österreichische Regierung und Verwaltung im Weltkriege 
(Wien 1925), 119 f. 
3) Erzherzog Eugen hatte bei der Ernennung zum Kommandierenden der Balkan¬ 
streitkräfte die Absicht, Sarkotic als Generalstabschef an seine Seite zu nehmen. Der 
Kaiser entschied jedoch, daß sich der General nach Sarajevo zu begeben habe, wo er 
bis zum November 1918 die Verwaltung des Landes führte. 
4) Reichsarchiv, Der Weltkrieg 1914-1918 (Berlin 1929), VI, 363 und 415.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.