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Von Gorlice bis Lemberg
Abgesehen von einzelnen Teilvorstößen ließ der Russe die Verbün¬
deten bei ihren Vorbereitungen gewähren. Er hatte selbst genug zu tun,
sich für die unzweifelhaft bevorstehende Abwehrschlacht im Sinne der
am 4. und 5. Juni gefaßten Entschlüsse (S. 452) zu rüsten.
Die Verdrängung der Russen vom südlichen Dniesterufer
(5. bis 15. Juni)
Hiezu Beilagen 22 und 23
Angriff Letschitzkis und Gegenangriff Pflanzer-Baitins
Noch in Befolgung früherer Befehle und auch um Schtscherbatschews
11. Armee zu entlasten, hatte Gen. Letschitzki inzwischen seinen Angriff
am Pruth fortsetzen lassen. Das Schwergewicht des Stoßes ging völlig
auf das XXX. Korps über, das mit mindestens zweieinhalb Divisionen,
denen weitere Kräfte zu folgen hatten, zwischen Kolomea und Delatyn
durchbrechen sollte. Während die k. u. k. 15. ID., FML. Benigni, stand¬
zuhalten vermochte, wurde die 36. ID. am 4. Juni bei Tagesanbruch süd¬
lich von Sadzawka abermals durchbrochen. Zwei Bataillone des untersteiri-
schen IR. 47 und drei Landsturmbataillone wurden an der Einbruchstelle
angesetzt und brachten die Russen zum Stehen. Weitere vier Bataillone
sollten den Gegenangriff bis an den Pruth vortreiben. Eine Erleichterung
der Lage erhoffte sich GdK. Pflanzer-Baltin auch dadurch zu schaffen,
daß er — zugleich dem neuerlich vorgebrachten Wunsche der Südarmee
entsprechend — für den 4. Juni nachmittags die Gruppen Rhemen und
Schönburg zum Vorstoß auf Krasna (nordöstlich von Delatyn) und Bo-
horodczany anwies. Der rechte Flügel der 5. ID. Rhemens hatte diesen
Vorstoß einige Stunden früher durch einen Angriff einzuleiten, der beider¬
seits der Straße Delatyn—Lanczyn in die Flanke des das Korps Czibulka
bedrängenden Feindes zu führen war. Dieser Flankenangriff mißlang.
Dafür glückte es südlich von Sadzawka, die Russen trotz ihrer unauf¬
hörlichen Gegenstöße bis an den Höhenrand zurückzudrücken.
Die Vorrückung des linken Armeeflügels schickte sich recht gut an.
Die Grazer Division gewann westlich von Nadwórna Raum. Die Gruppe
Schönburg erstürmte am 4. abends noch mehrere Höhenstellungen und
kam bei einbrechender Nacht über Jablonka hinaus. Aber schon tags
darauf versteifte sich der Widerstand des um seine Flanke besorgten
Feindes wieder. Bei Delatyn mußten heftige russische Gegenangriffe abge¬
wehrt, östlich von Perehiñsko schon genommene Höhenstellungen abermals
den Russen überlassen werden.
Gleichzeitig kam es bei der 36. ID. wieder zu einem schweren Rück-