Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Die Lage um die Jahreswende 1914/15 
worden war. Aber noch schwerer lastete auf ihr der materielle Mangel, 
der in einem früheren Abschnitt geschildert worden ist; wobei allerdings 
zu vermerken ist, daß sich dieser Mangel auch bei den Russen zusehends 
mehr fühlbar machte, je mehr man in den ersten Kriegswinter hineinging. 
Wirkliches Atemholen erlaubte den Divisionen, die dieses Glückes 
teilhaftig wurden, erst die „Dauerstellung" in Russisch-Polen und am 
Dunajec. Hier entstanden befestigte Schlachtfelder — allerdings von einer 
ganz anderen Art, als sie von den Vorschriften gedacht gewesen waren. 
An Stelle geschlossener Stützpunkte entstand in der Linie, an der eben 
die Bewegung im Kampf zum Stillstand gekommen war, seltener auch 
an vorher ermittelten oder flüchtig hergerichteten Geländeabschnitten der 
durchlaufende Schützengraben. Parallel zu ihm zog sich ein immer breiter 
werdendes Drahthindernis. Verbindungsgräben führten nach rückwärts, 
wo überdies an manchen Frontteilen bald eine zweite und selbst eine 
dritte Linie entstanden. Der vorderste, eigentliche Kampfgraben aber 
wurde immer mehr ausgestattet. Nach oben schützten Dächer aus Bret¬ 
tern, mit einer dünnen Erdschicht belegt, die sogenannten Schrapnell¬ 
schirme, mehr gegen Witterungsunbill als gegen feindliche Geschosse. 
Mannigfaltige Formen von Schießscharten wurden erfunden und in die 
Brustwehr eingebaut. Beide, Schrapnellschirme und Schießscharten, haben 
die Truppen viel mühsame Arbeit gekostet, bevor sie —spät genug —als 
unzweckmäßig erkannt und verworfen wurden. Unterstände, vorläufig 
noch durchaus nicht mit Bedacht auf Schutz gegen Artilleriefeuer errichtet, 
boten Zuflucht in den kargen Stunden der Ruhe und bald gesellte sich 
den vom Krieg diktierten Bedürfnissen auch etwas wie Wohnlichkeit bei. 
Tische und Bänke, Fenster und Türen und ein oder das andere Möbel¬ 
stück täuschten in Gemeinschaft mit dem fröhlich flackernden Feuerchen 
des „Schwarmofens" einen Schimmer jener Häuslichkeit vor, die man 
solange entbehrt hatte und noch viel, viel länger entbehren sollte. Und 
als endlich der Frühling kam, gab es wohl auch da und dort ein schüch¬ 
ternes Blumenbeet, angelegt über dem bleichenden Gebein des unbe¬ 
kannten Soldaten. 
Aber nur den Auserwählten des Schicksals unter den Regimentern 
war es vergönnt, diese bescheidene Herrlichkeit länger zu genießen. 
Der Karpathenwinter rief immer wieder unersättlich nach Soldaten. 
Division um Division zog von den Fleischtöpfen Polens und Westgaliziens 
weg und verließ die Erholungsquartiere in Syrmien, um vom eisstarren¬ 
den, verderbendrohenden Waldgebirge an den nördlichen Gemarkungen 
Ungarns verschlungen zu werden.
	        
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