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Von Gorlice bis Lemberg
durch eine allgemeine Offensive wiederherzustellen, die zunächst die
Linie Baranów—Rzeszów—Dynów—Turka—Már amaros-Sziget gewinnen
sollte. Selbstverständlich paßte ein Aufmarsch Plehwes bei Tomassow
nicht in dieses Konzept. Iwanow erbat sich die schon anrollenden drei
Divisionen zur Verstärkung der 11. Armee in den Raum Mikolajów—
Halicz, während er andere Verstärkungen ins Ausfallstor Sandomierz—
Nisko gewiesen und daher über Krasnik herangeführt wissen wollte.
Diese Anträge kamen der Stawka schon deshalb nicht ungelegen, weil
Alexejew die Überweisung der von ihm noch geforderten drei Divi¬
sionen von der Erlaubnis abhängig machte, gegebenenfalls hinter den
Narew und in die Stellung von Grojec (westlich von Warschau) zurück¬
weichen zu dürfen. Die Heeresleitung faßte daher bloß die Weiterleitung
des II. kauk. Korps nach Chodorów ins Auge, indes bei Lemberg aus
der vom Kaukasus kommenden Division und der 3.GID. ein neues
XXIII. Korps gebildet werden sollte.
Allerdings trat nun auch Alexejew mit einem großen Plan hervor.
Noch in Unkenntnis der Absichten Iwanows, hielt er es bei dem allem
Anschein nach unmittelbar bevorstehenden Eingreifen des italienischen
Heeres für unzweckmäßig, die Zeit durch Truppenansammlungen hinter
der Mitte der Südwestfront zu vergeuden. Iwanow sollte zusehen, in
der Abwehr mit seinen eigenen Kräften auszukommen. Dafür wären
nach Alexejews Auffassung zwischen der Pilica und der oberen Weichsel
zwei Armeen in der Gesamtstärke von acht Korps zusammenzuziehen ge¬
wesen, die mit starkem linken Flügel die Offensive in südwestlicher
Richtung zu ergreifen und damit die Verbindungen der „Phalanx Macken¬
sen" in empfindlichster Weise zu bedrohen gehabt hätten.
Neben Iwanow und Alexejew trat in denselben Tagen noch Brussi-
low mit einem Plane hervor, dessen Ausführung die Lage der Russen in
Galizien wenden sollte. Er wünschte nicht weniger als die Überweisung
der beiden heranfahrenden Korps (II. kauk. und XXIII.) zu einem
Flanken- und Rückenstoß, der aus der Festung Przemysl gegen die
11. Armee der Verbündeten zu unternehmen gewesen wäre1).
Aber das weitere Vordringen der „Phalanx Mackensen" gewährte
den Russen nicht die Zeit, deren die Ausführung solcher Absichten be¬
durft hätte. Als am 25. die Anträge des ideenreichen Befehlshabers der
russischen Nordwestfront bei der Stawka einlangten, hatte die 3. Armee
schon wieder einen neuen schweren Schlag erlitten.
i) Broussilov, 133 f.