Russische Maßnahmen ium Schutze Ostgaliziens
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an der galizischen Front entwickelnden Ereignisse," schreibt Danilow,
„waren nicht dazu angetan, Rumänien gerade jetzt zu einem aktiven
Hervortreten zu veranlassen. Diejenigen hatten recht gehabt, die die
Ansicht vertraten, daß das Hervortreten Rumäniens weniger von der
einen oder anderen zugesagten Grenze abhinge als von der tatsächlichen
Lage auf dem Kriegsschauplatze." Da überdies die Angriffe der Fran¬
zosen und Engländer im Westen bisher keine erkennbare Entlastung
gebracht hatten, sah sich das schwer getroffene russische Heer auch
weiterhin ausschließlich auf seine eigene Kraft gestellt.
Gen. Iwanow hatte am 19. und 20. Mai unter dem Eindruck der Er¬
eignisse bei Jaroslau einen schwerwiegenden Entschluß gefaßt. An dem
erstgenannten Tage hatte er für den 21. die Räumung der Feste Przemysl
verfügt, um die dortigen Truppen nicht ,,dem Zufall auszuliefern".
Am 20. erließ er vorbereitende Weisungen für den allgemeinen Rückzug
seiner ganzen Front in die Linie Wysmierzyce—Józef ó w—Krasnobrod—
Narol — Magierów—Wereszyca—Dniester—Halicz — Stanislau—Ottynia-
Kolomea—Sniatyn—Czernowitz, in der schon seit einiger Zeit fleißig ge¬
schanzt wurde. Die Bewegung sollte in etwa vierzehn Tagen vollzogen
sein, wobei die Linie Wysmierzyce—Sandomierz—Lubaczów—Mosciska—
Koniuszki-Siemianowskie—Stryj—Kolomea als erste Zwischenstellung in
Aussicht genommen war. Als jedoch im Laufe des 20. Mai der Druck
Mackensens auf die Front Dimitriews wegen der bei den Verbündeten
eingeschalteten Atempause nachließ, widerrief Iwanow diese Weisungen
noch am Abend und damit zugleich den Befehl zur Preisgabe von Przemysl.
Unterdessen hatte auch die Stawka, allerdings mit der ihr eigenen
Bedächtigkeit, einzugreifen versucht. Am 19. war dort der Entschluß
gefaßt worden, im Räume Rawa Ruska—Tomaszów eine Reservearmee
zu versammeln, die berufen sein sollte, einen weiteren Durchbruch
Mackensens in der Richtung auf Lemberg mit zusammengefaßter Kraft
aufzufangen1). Diese Armee, die als neue 12. dem in dieser Gegend
vom Einleitungsfeldzug her wohlbewanderten Gen. Plehwe unterstellt
sein sollte, hätte zunächst aus dem von der Narewfront schon anrollen¬
den II. kauk. Korps und einer sich ebenfalls schon dem Kriegsschauplatz
nähernden Division aus dem Kaukasus zu bestehen gehabt, denen drei
weitere Divisionen der Nordwestfront beizugesellen gewesen wären.
Iwanow setzte diesen Plänen der Stawka überraschenderweise den
selbstbewußten Vorschlag entgegen, die Lage in Galizien möglichst rasch
i)Bonc z-B r u j e w i t s c h, II, 166 ff. ; Nesnamow, IV, 45 ff. ; 2 a j o n t s c h-
k o w s k i j, 301 ff. ; Danilow, 507.
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