Die Denkschrift des Erzherzogs Eugen vom 17. Mai
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mit GM. Metzger von diesem Gedanken gleich wieder ab, da es klar war,
daß der eben wieder sehr regsame Russe (S. 384 und 391) einer solchen
Schwächung der gegnerischen Linien nicht untätig zusehen würde. Nur
dás schon aus der Front gedrückte VII. Korps der 3. Armee wurde
sofort nach Mezölaborcz gewiesen, um vom 21. an nach Kärnten zu rollen.
Außerdem wurde die Aufstellung der Standschützen und der anderen
Freiwilligenverbände (S. 292) sowie (am 19.) die Alarmierung der
Militärbereiche Graz und Innsbruck unverzüglich verfügt.
Als am 18. Mai in den Abendstunden Conrad und Falkenhayn, wie
jetzt fast täglich, wieder zu einer Beratung zusammentraten, kam der
grundlegende Gegensatz in ihren Auffassungen über die Kriegführung
gegen Italien und Serbien abermals zur Sprache. Auch in der Frage,
wie viel man an Kräften schließlich aus dem Nordosten werde wegziehen
können, gingen die Meinungen nicht unerheblich auseinander. Während
Conrad wähnte, die Front werde auch nach dem Erreichen der San-
Dniesterlinie höchstens um 20 Divisionen zu schwächen sein, schätzte
Falkenhayn 27 und mehr. Führte der Meinungsaustausch, wie begreiflich,
in diesem Punkte weder jetzt, noch in den nächsten Tagen zu einem be¬
stimmten Ergebnis, so kam man wenigstens in dem augenblicklich gegen¬
über Italien Nötigen zu einem bestimmten Entschluß. Die Lösung, zu
der man sich entschied, scheint unter anderem durch eine vom Erzherzog
Eugen abverlangte, am 17. im Hauptquartier zu Teschen eingelangte
Denkschrift beeinflußt worden zu sein. Der zur Führung des italieni¬
schen Krieges berufene Oberbefehlshaber vertrat die bestimmte Auf¬
fassung, daß gegen den neuen Feind, der gefährlicher als Serbien und
Montenegro war, auch die S.Armee „mit dem letzten Mann der Feld¬
formationen" anzusetzen sei, selbst die in Bosnien stehenden Divisionen
mitinbegriffen. Die Heeresleitung hatte dem Antrage des Erzherzogs
sofort zugestimmt, alles für den Abtransport gegen Italien bereitzustellen.
Auf diesen Vorschlag des Erzherzogs kam man nun in der Be¬
ratung vom 18. abends zurück, an welchem Tage in Teschen die im
Pariser „Temps" bestätigte Nachricht vom Abschluß des Londoner Ver¬
trages zwischen Italien und der Entente einlangte und hiemit noch die
letzte leise gehegte Hoffnung auf Vermeidbarkeit des italienischen Krieges
endgültig zerstörte. Bei dem langsamen Ausreifen der Entscheidung
in Galizien war es naheliegend, auf die Gewehr bei Fuß stehenden
Balkanstreitkräfte zu greifen. Falkenhayn war verblüfft gewesen, als er
in diesen Tagen erfahren hatte, daß im Südosten des Donaureiches
240.000 öst.-ung. Feuergewehre gegen 180.000 serbische eingesetzt waren;