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Von Gor li ce bis Lemberg
Bulgarien und der Türkei niedergeworfen werden, indes Rumänien, von
wo übrigens bessere Nachrichten vorlagen, gegen Zusicherung Bessara-
biens zum Eintritt in den mitteleuropäischen Bund oder doch zur Bewah¬
rung einer verläßlichen Neutralität zu gewinnen wäre.
Erklärte jedoch Italien, was schon ungleich wahrscheinlicher war,
den Krieg, dann stellte sich Conrad die weitere Entwicklung so vor, daß
sich die Verbündeten gegenüber Rußland noch mindestens in den Besitz
der San-Dniesterlinie setzten, daß sie dann aber alle hier entbehrlich wer¬
denden Kräfte nach dem Südwesten sandten, „in der Absicht, einem Vor¬
dringen der Italiener nach Inner Österreich soweit als möglich Schranken
zu ziehen, wotunlich aber denselben irgendwo einen lokalen Schlag zu
versetzen — während in Tirol die dort befindlichen und noch durch öst.-
ung., womöglich auch deutsche Kräfte (Bayern) zu verstärkenden Truppen
im Kleinkrieg das Gebiet zu verteidigen" hätten.
Im einzelnen führte der Generalstabschef aus: „Hiebei ist gedacht,,
daß mindestens noch eine öst.-ung. Division nach Tirol gesendet, und er¬
hofft, daß diese noch durch bayrische Truppen verstärkt wird. Gegen
die über Kärnten, Krain und Küstenland einbrechende italienische Haupt¬
kraft müßten etwa 20 Divisionen zusammengebracht werden, also etwa
zehn öst.-ung. und zehn deutsche. Von diesen hätten etwa vier auf der
Linie über Villach, das Gros auf der Linie Marburg—Laibach so weit
vorne versammelt zu werden, als es mit Rücksicht auf das Vorgehen der
Italiener noch möglich erscheint. Voraussichtlich im Villach-Klagenfurter
Becken und in jenem von Laibach ( ?)x) oder an der Save oder Drau.
Diese Versammlung ist durch den zähen Widerstand der entsprechend
zu verstärkenden Deckungstruppen zu sichern, welche diesen Widerstand
zunächst an der Isonzolinie und im Kanaltal zu leisten haben (Mal-
borgeth, Predil). Pola ist zu verteidigen. Die Flotte hat nach freiem Er¬
messen ihres Kommandanten einzugreifen, wo es möglich ist; erwünscht
wäre, daß sie feindliche Landungsoperationen, insbesondere solche im
Gebiet von Triest verhindere..."
Im Südosten vermeinte Conrad, „nicht unbeträchtliche Kräfte zurück¬
lassen zu müssen; diese stünden dann auch für eine Offensive nach
Serbien zur Verfügung, vorausgesetzt, daß ausreichend deutsche und bul¬
garische Kräfte an derselben teilnehmen". Diese Offensive habe aber
„unbedingt zur Voraussetzung, daß auch der Krieg gegen Italien im ob-
skizzierten Sinne geführt werde". In Dalmatien, Bosnien und in der Her-
*■) Fragezeichen im Original der Denkschrift.