Die erste Grenzsicheriing gegen Italien
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herzog Friedrich am 13. August den GdK. Franz Rohr, „die Reichsver¬
teidigung an unserer Südwestgrenze unter den jetzt gegebenen Verhält¬
nissen zu studieren, vorzubereiten und der jeweiligen Lage entsprechend
zu organisieren"1). Infolge der „durch die allgemeine Lage gegebenen
Unmöglichkeit, gegen eventuelle Feindseligkeiten Italiens ausreichende
Streitkräfte zu verwenden", sah sich die Heeresleitung zwei Tage später
auch veranlaßt, den Ausbau der projektierten Donaubrückenköpfe Krems,
Tulln, Wien, Preßburg, Komorn und Budapest zu beantragen, welchem
Vorschlag Kaiser Franz Joseph am 22. zustimmte2).
Nach den bis Mitte August einlaufenden Nachrichten war es nicht
ausgeschlossen, daß sich für die Italiener aus dem Einfalle irregulärer
Freischaren (Garibaldianer) oder aus irredentistischen Unruhen auf öster¬
reichischem Boden der Vorwand zu einem Eingreifen gegen die Donau¬
monarchie ergeben könnte. Solche Möglichkeiten hatte das Gruppenkmdo.
GdK. Rohr, das am 16. August in Wien aufgestellt wurde, tatkräftig zu
durchkreuzen. Kam es zum Kriege gegen Italien, dann sollte Rohr den
vordringenden Feind in Tirol und auf dem Marsche vom Tagliamento
gegen Wien so lange aufhalten, bis von den anderen Kriegsschauplätzen
entsprechende Kräfte herangeholt waren.
Zur Erfüllung dieser Aufgabe wurde dem GdK. Rohr eine sehr bunte
und unorganisierte Truppenmacht unterstellt. Er konnte fürs erste über
alle von der Feldarmee zurückgelassenen militärischen Verbände ver¬
fügen, als da waren: Marschbataillone, Ersatzkörper, Eisenbahnsiche¬
rungen, Küstenschutz- und Grenzfinanzwachabteilungen, Gendarmerie¬
posten mit Landsturmassistenzen, Marinesignalstations- und Kabelwachen.
Dazu kamen noch die nichteingereihten Landsturmpflichtigen, in Tirol
und Vorarlberg überdies die Standschützen, von denen noch die Rede
sein wird. Den Kern für die Verteidigung der Südtiroler Bastion sollte
das als „Sicherheitsbesatzung für den Kriegsfall R" vorgesehene Tiroler
LstlR.I bilden; im Küstenlande hatten diese Rolle das Laibacher LstlR. 27
und 5 Grenzschutzkompagnien zu übernehmen. Anfangs September wurde
die in fünf Unterabschnitte geteilte Südtiroler Grenze durch 17 Bataillone,
1V4 Schwadronen und 12 Geschütze mobiler, milizartiger Neuaufstel¬
lungen gedeckt, deren Führer der Militärkommandant von Innsbruck,
FML. v. Koennen-Horák, war. In Kärnten und im Küstenlande standen
zur selben Zeit unter dem Befehle des Grazer Militärkommandanten,
FML. v. Mattanovich, 23y4 Bataillone, IV2 Schwadronen und 8 Geschütze
1) Conrad, IV, 378 f.
2) Ebenda, IV, 399, 477.
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