Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Vom Zwei- zum Dreifrontenkrieg 
unbekümmert um den Kriegsfortgang altösterreichischen. Boden: „Triest 
und Trient", wie es aus allen Kundgebungen der mächtig emporschwellen¬ 
den Irredenta hervorklang1). Die durch diese Eröffnungen auf dem 
Wiener Ballhausplatz brennend gewordene Frage, ob man sofort in Ver¬ 
handlungen über die Wünsche Italiens eintreten sollte, führte Mitte Jänner 
zum Rücktritt des Grafen Berchtold, dessen Nachfolger Baron Burián 
gemäß den Wünschen Tissas konkrete Verhandlungen so lange hinaus¬ 
zuziehen hoffte, bis eine Wendung der Kriegslage die Begehrlichkeit der 
Italiener herabzumindern vermochte2). 
Der Karpathenangriff brachte aber diese auch vom AOK. erhoffte 
Wendung nicht. Gleichzeitig begann Deutschland einen heftigen Druck 
auf Österreich-Ungarn auszuüben, um es den italienischen Wünschen 
gefügiger zu machen. Man hatte in der Wilhelmstraße seit Kriegsbeginn 
die Überzeugung, daß es ohne ausreichendes Entgegenkommen nicht 
abgehen werde und gab sich dabei noch bis ins Frühjahr 1915 hinein 
der optimistischen Hoffnung hin, sich schon durch die Abtretung des 
Trentino oder sogar eines noch schmäleren Grenzstreifens mindestens die 
wohlwollende Neutralität Italiens sichern zu können. Fürst Bülow, zu 
Weihnachten wegen seiner engen Beziehungen zu den maßgebenden ita¬ 
lienischen Kreisen zum „außerordentlichen Botschafter" in Rom ernannt, 
bestärkte die Reichsregierung in dieser Zuversicht; der Nachdruck, mit 
dem er für Zugeständnisse des Habsburgerreiches an Italien eintrat und 
die Offenheit, die er dabei auch gegenüber den Italienern an den, Tag 
legte, verstimmten in Wien alsbald außerordentlich stark. 
Das Verhalten der Reichsleitung fand durchaus den Beifall Falken¬ 
hayns, der sich bei seinen immer wieder auftauchenden Bestrebungen, 
über Serbien den Weg nach Konstantinopel zu öffnen, durch den öster¬ 
reichisch-italienischen Gegensatz auch in seiner Handlungsfreiheit auf 
dem Balkan schwer beengt fühlte. Hatte doch Mitte Februar Italien die 
öst.-ung. Regierung sogar wissen lassen, daß es bei einer Wiederauf¬ 
nahme der Angriffe Östereich-Ungarns gegen Serbien für die weitere 
Entwicklung jedwede Verantwortung ablehnen müßte! Dazu mußte eine 
Rückwirkung des österreichisch-italienischen Konfliktes auf die Haltung 
des Königreiches Rumänien befürchtet werden. Noch im Jänner 1915 
hatte Falkenhayn den italienischen Militârattaché in Berlin, Obstlt. Bon¬ 
giovanni, ausdrücklich wissen lassen, daß er auf die Abtretung öster- 
!) Österreichisch-ungarisches Rotbuch 1915, 77ff.; Burián, Drei Jahre aus der 
Zeit meiner Amtsführung im Kriege (Berlin 1923), 26. 
2) Musulin, 254f.; Ti s za, Briefe, 150ff.
	        
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