Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Das Verhalten der Neutralen 
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vier Wochen später zur Landung eines englisch-französischen Expedi¬ 
tionskorps an der Südspitze der Halbinsel Gallipoli? 
Die Hoffnungen, daß Italien dem Beispiele der Türkei folgen werde, 
waren unterdessen schon völlig geschwunden. Trotz der seinen Verbün¬ 
deten bei Kriegsbeginn gegebenen Zusicherung wohlwollender Neutrali¬ 
tät hatte selbst der als Dreibundfreund geltende Außenminister Marchese 
San Giuliano schon zu Anfang August Fühler über den Preis ausstrecken 
lassen, der dem Königreich im Falle eines Anschlusses an die Entente 
winken konnte1). San Giuliano starb wenige Wochen später. Sein Nach¬ 
folger Sonnino war in den Tagen des Kriegsausbruches noch eindringlich 
für die Erfüllung der Dreibundpflicht eingetreten. Doch am 11. Dezem¬ 
ber, unmittelbar nach der für das Habsburgerreich so unglücklichen 
Schlacht bei Arangjelovac, durfte sich mit seiner Zustimmung der Mi¬ 
nisterpräsident Salandra öffentlich zum „sacro egoismo" bekennen. Gleich¬ 
zeitig griff Italien die Kompensationsansprüche wieder auf, die es schon 
bei Kriegsbeginn unter Berufung auf den Artikel VII des Dreibundver¬ 
trages gegenüber der Monarchie geltend gemacht hatte. Damals waren 
diese Ansprüche von Wien noch nicht anerkannt worden. Trotzdem hatte 
man dort schon gute Miene zum bösen Spiel gemacht, als die Italiener am 
30. Oktober auf der Insel Saseno gelandet waren, und man änderte diese 
Haltung auch nicht, als zu Weihnachten Valona von italienischen Ab¬ 
teilungen besetzt wurde. Kurz darauf sollte Italien seine Maske vollends 
lüften, indem es, gewiß entgegen dem Sinne des Dreibundvertrages, An¬ 
sprüche auf altösterreichisches Gebiet erhob. Das Verhalten Italiens er¬ 
weckte bei den Verbündeten um so mehr Sorge, als es nach allen Erfah¬ 
rungen auf Rumänien zurückwirken mochte2). 
Auch in Bulgarien ließ die Entente im Winter 1914/15 alle Minen 
springen, obgleich die maßgebenden Kreise des Landes aus Gegnerschaft 
gegen Rumänien und Serbien von Kriegsbeginn an den Mittelmächten 
zuneigten. Aber die Diplomatie der Mittelmächte behielt die Oberhand, 
wenn auch die öst.-ung. Niederlage in Serbien der bulgarischen Regie¬ 
rung Zurückhaltung auferlegte. Dagegen arbeitete in Griechenland der 
Ministerpräsident Venizelos vom ersten Tage an für den Anschluß an 
die Entente, die mit glänzenden Versprechungen nicht sparte. Aber der 
deutschfreundliche König Konstantin, ein Schwager des Deutschen Kai¬ 
sers, entließ Venizelos im März 1915 zum ersten Male, weil er mit dessen 
Politik nicht einverstanden war. 
x) Das Zaristische Rußland im Weltkriege (Berlin 1927), 263 ff. 
2) Vgl. Bd. 1,313.
	        
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