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Der Karpathenwinter 1914/15
Bahn näher an die vom Feinde stark besetzten Höhen heran, doch kam
das Vorgehen am 8. ¿rum Stehen, worauf der Gruppe das IR. 76 der 14. ID.1)
unterstellt wurde. Die Kämpfe der beiden links anschließenden Korps
waren rein örtlicher Natur, doch gab am gleichen Tage der Feind dem
Drucke des XVIII. Korps nach und räumte das westliche Sanufer.
Während die Nordgruppe Tersztyánszky s nur wenig Boden gewann,
errang das XIX. Korps einen ausgesprochenen Erfolg. Am 8. eroberte
die 41. HID. die Höhe Maguryczne und nahm den Russen eine große
Zahl von Gefangenen ab. Da auch die 29. ID. den Feind zurückdrängte,
konnte FML. Trollmann die Verfolgung einleiten, die am 9. bis hart an
die Bahnkurve bei Lupków gedieh. Als die Honvéds tags darauf den
Feind auch von der Chryszczata vertrieben2), war die Flanke der Nord¬
gruppe (Korps Lütgendorf und Korps Schmidt) für die Fortsetzung des
Stoßes gegen Baligród vollkommen gesichert.
Inzwischen marschierte die Hauptkraft der 14. ID. über Cisna heran.
Über ihre Verwendung, die sich später als folgenschwer erwies, gingen
die Meinungen auseinander. Tersztyánszky wollte Trollmann verstärken,
um den Erfolg des XIX. Korps durch die Fortsetzung des Stoßes auf
Radoszyce auszubauen und damit seiner Nordgruppe mittelbar vorwärts
zu helfen. Doch das 2. Armeekmdo. befahl den Einsatz der Division auf
dem rechten Flügel Lütgendorfs, indem es am Leitgedanken der Opera¬
tion festhielt. Noch war der Glaube an das Gelingen der Aktion auf
Przemysl nicht erschüttert, da man Lütgendorf und Schmidt-Georgenegg
an Feuergewehren für doppelt so stark als die gegenüberliegenden Russen
schätzte. Das Armeekmdo. verfehlte nicht, Tersztyánszky aufmerksam
zu machen, daß bisher niemals eine ähnliche Überlegenheit an entschei¬
dender Stelle bestanden habe. Da die Flügel der Stoßstaffel aber zurück¬
hingen, fehlte dem Stirnangriff jedwede flankierende Unterstützung und
ebenso eine ausreichende Mithilfe der Artillerie. Immer blieb der Ver¬
teidiger im Bunde mit den Naturgewalten der Stärkere. Und doch hing
es nur an einem Faden und der Durchbruch der Stoßgruppe Tersztyánszky
wäre gelungen, denn schon meldete der Führer des VIII. Russenkorps,
er beabsichtige auf Sanok zu weichen. Da verbot ein scharfer Befehl
Brussilows den erschütterten Truppen jeden Schritt rückwärts3).
*) Das Regiment gehörte zu jenen Teilen der 14. ID., die auf dem nach Uzsok
führenden Schienenweg antransportiert wurden (vgl. auch S. 197).
2) Schon am 7. hatte sich ein kleiner Trupp der 41. HID. der Chryszczata be¬
mächtigt, konnte sich aber dort nur kurze Zeit behaupten.
3 ) Broussilov, 110 ff.