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Der Karpathenwinter 1914/15
von Westen und Südwesten, während die der 26. SchD. aufgetragene
Umfassung von Norden her gegenüber den Anstürmen der sich immer
mehr verstärkenden Russen nicht zum Ziele führte. Die Frage, ob die
über die allgemeine Front vorgeprellten Angriffstruppen, deren Kampf¬
kraft für den letzten entscheidenden Stoß nicht mehr ausreichte, in ihrer
vorgeschobenen Lage zu belassen oder zurückzubeordern wären, be¬
schäftigte die Befehlsstellen in Kaschau, Okocim und Teschen während
mehrerer Tage. Schließlich verfügte das AOK. am 22., daß die ganze
Gruppe, deren offener rechter Flügel von den Russen leicht aufgerollt
werden konnte, in die Ausgangsräume zurückzunehmen sei, wobei es für
die Heeresleitung auch maßgebend war, die 13. SchD. für den Abtrans¬
port zur 2. Armee freizubekommen. Ohne Zwischenfall vollzog sich in
der Nacht auf den 23. die Loslösung der Gruppe vom Feinde; bei dieser
Gelegenheit wurden wenigstens die inneren Flügel der beiden Armeen
in eine lückenlose Verbindung gebracht.
In Teschen glaubte man in diesen Tagen, daß die Russen beabsich¬
tigten, im Weichselbogen auf den großen linksufrigen Brückenkopf, der
die Stromübergänge bei Warschau und Iwangorod deckte, zurückzugehen
und daß dann auch Dimitriew bis an die Wisloka ausweichen werde. Die
an der Front der 4. und der 1. Armee sowie gegenüber der Armeeab¬
teilung Woyrsch vom Feinde entfaltete demonstrative Tätigkeit bestärkte
die k. u. k. Heeresleitung in ihren Vermutungen. Es erschien dann not¬
wendig, daß die Erzherzogsarmee ungesäumt den abziehenden Russen
Dimitriews nachdringe. Auch diese Erwägung hatte mitgewirkt, den Kampf
um die Jasionka aufzugeben. Dem 4. Armeekmdo. wurde befohlen, für
den bevorstehenden großen Angriff starke Kräfte im Räume südlich und
westlich vonTarnów zu versammeln. Sollte es zu dieser Offensive jedoch
nicht kommen, dann würden die bereitgestellten Verbände in die Karpathen
abtransportiert werden. In Okocim wußte man sich jedoch einem min¬
destens gleich starken Feinde gegenüber und beurteilte die Aussichten
auf den Erfolg recht skeptisch.
Auf die Nachricht, daß die russische 32. ID. aus der Front Dimitriews
gezogen werde, hatte der Erzherzog einen Vorstoß gegen die feindlichen
Linien angeordnet (S. 166). Am 18. Februar, einen Tag später als die
Aktion gegen die Jasionka begonnen hatte, bemächtigte sich die 3. ID. der
gegenüberliegenden Vorstellung und setzte zum Angriffe auf die Haupt¬
widerstandslinie an; auch der linke Flügel der benachbarten 15. ID.
befand sich in erfolgreichem Vorschreiten. Die Heeresleitung hatte sich
aber gerade um diese Zeit zu einer weiteren Schwächung der 4. Armee