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Der Karpathenwinter 1914/15
Die Winterschlacht in Masuren und ihre Auswirkung
Hiezu Beilage 6 sowie Skizzen 7 und 8
Der Befehlshaber der russischen Südwestfront, Gen. Iwanow, blieb
nach wie vor ein entschiedener Verfechter der von ihm vorgeschlagenen
und ins Werk gesetzten Offensive über die Karpathen in das ungarische
Tiefland, wo er überdies für seine zahlreiche Reiterei ein geeignetes
Tätigkeitsfeld zu finden hoffte. Auch die Russen litten unter den Un¬
bilden des Karpathenwinters; die Stände schmolzen zusammen, konnten
aber allerdings aus den unerschöpflichen Menschenmassen des Zaren¬
reiches in ganz anderer Weise aufgefüllt werden, als dies auf der Gegen¬
seite möglich war. Immerhin wollte Iwanow dem unleidlichen Aufent¬
halt im Gebirge ein Ende bereiten. Er scheute nicht davor zurück, der
Stawka anzudrohen, daß er genötigt wäre, seine Streitkräfte aus den un¬
wirtlichen Bergen gegen Norden zurückzuziehen, falls er keine Verstär¬
kungen bekäme, die ihn befähigen würden, den Stoß fortzusetzen und
die Entscheidung zu erzwingen. Unablässig betrieb er daher die Zufüh¬
rung neuer Verbände; er glaubte oder wollte glauben machen, daß
150.000 Deutsche beim öst.-ung. Heere eingetroffen seien.
Der Großfürst schwankte. Was sollte im Gewährungsfalle aus der
geplanten Offensive gegen Ostpreußen (S. 123) werden? Bald trat ein,
was Danilow immer befürchtet hatte: die Einheitlichkeit der Kriegfüh¬
rung zerfiel, man strebte zwei voneinander weit entfernten Operations¬
zielen zu. Dabei billigte Großfürst Nikolai Nikolajewitsch die Maßnahmen
Iwanows durchaus nicht restlos. Er tadelte, daß der Befehlshaber der
Südwestfront seine Korps durch verlustreiche Frontalstöße gegen die
feindliche Mitte erschöpfte, statt die Entscheidung gegen die Ostflanke der
Verbündeten zu suchen; denn auch mit Rücksicht auf Rumänien sei es
erwünscht, dem Gegner in der Bukowina einen kräftigen Schlag zu ver¬
setzen. Die Blicke des Großfürsten wandten sich nach Süden, wo um diese
Zeit die britisch-französische Dardanellenexpedition vorbereitet wurde.
Vom Balkan aus, so schien es ihm, ließen sich die Fronten der Zentral¬
mächte am leichtesten auflockern.
Der Losbruch des deutschen Angriffes in Ostpreußen überhob die
Stawka weiterer Überlegungen.
Während man in Teschen die Entwicklung der Lage in den Kar¬
pathen mit Sorge verfolgte, gipfelte die Offensive des GFM. Hindenburg
(S.98) in den Tagen vom 7. bis 21. Februar in der siegreichen „Winter¬
schlacht in Masuren", Durch diesen gelungenen Schlag der 10. und der