Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Der Abwehrkampf des X. und des VII. Korps 
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unversucht geblieben, die Truppen ¿um Ausharren zu verhalten, bis der 
Angriff der Gruppe Kritek wirksam werde. „Persönlich konnte es [das 
Armeekmdo.] bei der Natur des hiesigen Kampfes und der Ausdehnung 
der Front bestenfalls nur bei einzelnen Bataillonen eingreifen, was aber 
die Führung der Armee ausschließt . . Gegen den unter einem vom 
AOK. verlangten sofortigen Angriff des VII. und des X. Korps äußerte 
Boroevic schwerwiegende Bedenken; der Zustand der Truppen er¬ 
munterte auch sicherlich nicht zu einem solchen Unternehmen. 
Es mag freilich dahingestellt bleiben, ob der von diesen beiden Korps 
in den letzten Tagen in knapp hintereinanderliegenden Abschnitten ge¬ 
führte Abwehrkampf nicht doch hätte vermieden werden können und ob 
man die Truppen nicht mit einem Schlage vom Feinde hätte absetzen 
und rechtzeitig in Räume zurückführen sollen, deren Behauptung gerade 
noch die lebenswichtige Bahnstrecke sicherte. Der Mannschaft wäre die 
dringend notwendige Atempause und die Zeit geboten worden, sich in den 
neuen Stellungen zu hartnäckiger Verteidigung einzurichten und dort viel¬ 
leicht doch bis zum Herankommen der Verstärkungen auszuhalten1). 
Der Russe besaß ein feines Tastgefühl für die Merkzeichen einer vor¬ 
bereiteten Verteidigungsfront und pflegte dann sofort das Tempo der 
Annäherung zu mäßigen. Nichts hat aber die Truppenmoral schwerer 
geschädigt als die mißbräuchliche Anwendung des Befehles „Widerstand 
bis zum letzten Mann", der hätte geleistet werden sollen, um den Wei¬ 
sungen der Heeresleitung zu entsprechen. 
Als sich Gdl. Boroevic gegen die Möglichkeit einer persönlichen Ein¬ 
flußnahme aussprach, waltete offenbar ein Mißverständnis vor. Es hätte 
sich nur um die üblichen Frontfahrten gehandelt und um den unmittel¬ 
baren Gedankenaustausch mit den vorne befindlichen Kommandanten, 
der zu den wichtigsten Hilfsmitteln der Führung gehörte. Der Armee¬ 
befehlshaber verließ aber fast nie seinen Standort, um nicht etwa den 
Zeitpunkt für eine dringend erforderliche Anordnung zu versäumen2). 
Am 5. Februar traf in Teschen eine Meldung des 4. Armeekmdos. 
*■) Vgl. Steinitz, „Ausharren oder Ausweichen" (Militärwissenschaftliche Mit¬ 
teilungen, Wien 1930, Jänner-Februarheft). 
2) GM. Pitreich bemerkt hiezu in seiner Zuschrift vom 20. September 1929, daß 
Gdl. Boroevic namentlich in kritischen Situationen „mündliche Aussprachen" mit seinen 
Unterführern vermied und auch eine „mündliche Befehlsübermittlung" durch Ange¬ 
hörige des Armeestabes nicht zuließ. Er besorgte auch, sich bei mündlicher Verhand¬ 
lung „überreden" oder durch örtliche Eindrücke beeinflussen zu lassen. Für ihn galt 
nur das „Schwarz auf weiß" des Befehlsschreibens oder der Depesche. Ein Mittelding 
wollte er nicht kennen. 
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