Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Der Karpathen winter 1914/15 
Die russischen Pläne 
Hiezu Beilagen 4, 5 und 6 
Seit der Zusammenkunft der russischen Heeresführer in Siedlec am 
29. November (Bd, I, S. 595) hatte die Kampfkraft der zaristischen Streit¬ 
kräfte weitere Einbußen erlitten1). Um die Jahreswende wäre, wie der 
Generalquartiermeister der Stawka, Gen. Danilow, in einer Mitte Jänner 
verfaßten Denkschrift darlegte, eine halbe Million Soldaten zur Auf¬ 
füllung der zusammengeschmolzenen Einheiten notwendig gewesen; auf 
die Normaldotation der Artilleriemunitionskolonnen fehlten 200.000 
Geschosse. 
Dennoch hielt Danilow einen Rückschlag an der Front für ausge¬ 
schlossen. Ebenso stellte er freilich die Möglichkeit entscheidender Ope¬ 
rationen in Abrede, ehe die erwähnten Mängel behoben waren, was zum 
Teil in der zweiten Hälfte Februar, vollständig aber erst im April zu 
erhoffen stand. Doch schien es ihm notwendig, schon jetzt über die Ziele 
der künftigen Kriegshandlungen ins reine zu kommen. Man könnte sich 
entweder zur Ausnützung der in der zweiten Dezemberhälfte in Galizien 
errungenen Erfolge gegen das öst.-ung. Heer wenden oder alle Anstren¬ 
gungen im Interesse der bundesgenössischen Kriegführung auf eine Offen¬ 
sive in der Richtung auf Berlin vereinheitlichen. Beides gleichzeitig zu 
unternehmen, hielt Danilow damals für ausgeschlossen. Die Nachteile 
der ersterwähnten Aktion wurden in der Denkschrift eingehend beleuchtet. 
Möge die Vorrückung gegen Wien oder Budapest noch so verführerisch 
locken, sie führe doch zu einer bedenklichen Schwächung des eigenen 
Zentrums ; sei man einmal tief in das Innere der Donaumonarchie einge¬ 
drungen, komme man sicherlich zu spät, einen Vorstoß der Deutschen 
nach Osten rechtzeitig aufzufangen. War es aber überhaupt möglich, die 
Österreicher und Ungarn in kurzer Zeit vernichtend zu schlagen? Dani¬ 
low bezweifelte dies; der Feldzug in der Richtung auf Wien würde 
Monate in Anspruch nehmen und dann stünde man erst recht vor der 
Aufgabe, die Kriegsentscheidung gegen Deutschland herbeizuführen. 
Folgerichtig bekannte sich der General daher zu der Ansicht, daß man 
vor allem den Hauptgegner treffen müsse. Unter den verschiedenen 
Möglichkeiten, dies zu verwirklichen, entschied er sich, wie schon früher» 
für einen neuerlichen Angriff auf Ostpreußen, der die große Offensive 
gegen Breslau—Berlin einzuleiten hätte. 
Nach dem Empfang dieser Denkschrift erteilte der Großfürst Nikolai 
*) Die folgenden Darlegungen nach Danilow, Kap.XIII, und Nesnamow, 
III, 35 bis 51.
	        
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