Volltext: Der Irrgang der deutschen Königspolitik

K46 vom Wahlkönigtum zur Souveränität der Teilfürsten. >272 bis 1648 
Er erhielt es, als Albrecht gestorben war. Der deutsche König wahrte 
bei dieser Raffsucht weder die Dstgrenze noch die Westgrenze des 
Reiches. 
Der Frieden auf Erden predigende Papst verwarf die Bafeler 
Zugeständnisse an die Hussiten, verdammte den Utraquismus, schleu 
derte gegen den König Georg Podiebrad den Bannfluch und schürte 
zum Bürgerkrieg gegen den „Ketzerkönig"; im Namen der römischen 
Kirche aufgebotene Kreuzscharen verübten entsetzliche Greuel. Der 
römische Kaiser stand an der Seite dieses römischen Papstes. Aber 
er selbst war nicht für die Tat. Darum rief er den König Matthias 
Lorvinus von Ungarn zu Hilfe. Der Ungarnkönig kam, eroberte 
Mähren, Schlesien und die Lausitz — natürlich für sich. Nach dem 
Tode Podiebrads wählten die Utraquisten Wladislaw Jagello von 
Polen zum König von Böhmen. Des deutschen Königs römische Ein 
stellung hatte ein litauisches Fürstengeschlecht zu deutschen Kurfürsten 
gemacht; allerdings war König Friedrich über diesen Ausgang sehr 
erbittert. Er ließ den König Matthias Lorvinus Feindschaft fühlen. 
Aber Matthias Lorvinus war nicht der Mann, zu warten, bis diese 
Feindschaft ihm gefährlich werden konnte; er fiel in die Erblande 
des römischen Kaisers ein, eroberte Steiermark, Niederösterreich, 
Kärnten und schließlich auch Wien. Der römische Kaiser und mit 
ihm der deutsche König mußte, heimatlos geworden, nach Westen 
fliehen, wo der deutsche König im Reich ohne festen Sitz umherzog, 
allen zur Last, niemand zur Freude. Wie tief war das herrliche 
deutscheKönigtum gesunken durch die r ö m i s ch e Kaiseridee. 
Diese Idee mußte zum Schluß nicht nur das Reich ruinieren, sondern 
auch die nach diesem Titel Gierigen zu Puppen in fremder Hand 
machen. Aber dieser König Friedrich III., der das Ansehen des deut 
schen Königs auf den Tiefpunkt führte, dachte trotz seiner tatsächlichen 
Unfähigkeit, das Bestehende zu erhalten, an das „Weltreich" — der 
Wahnsinn der römischen Kaiseridee! Dieses Weltreich wurde, auch 
dank der einleitenden Tätigkeit Friedrich III., durch Heiraten als 
Gipfelleistung der Idee vom fürstlichen Privatbesitz für die Dauer 
eines Traumes Wirklichkeit. Daß es dann aber vom Schwert nicht 
erhalten werden konnte, zeigt die Ueberspanntheit der Idee um so 
deutlicher; es zeigt klar und deutlich, daß wohl die Möglichkeit zu 
einem solchen Weltreich bestanden hat, daß aber die Voraussetzung 
dafür gefehlt hat, das starke, fest organisierte Lin - 
heitsreich der Deutschen, das nie ersetzt werden konnte 
durch den Widersinn der Wiederbelebung des an Altersschwäche ge 
storbenen Römischen Reiches.
	        
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