Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Hrieg un- Technik 
von Ernst Jünger 
Es war zu erwarten, daß im Zeitalter der Technik die Mittel und Methoden 
der Kriegführung einer schnelleren und gründlicheren Veränderung unterliegen 
würden, als sie sonst im Wechsel der feindlichen Begegnungen, die zwischen 
Menschen stattfanden, beobachtet worden ist. Die großen Ereignisse haben be¬ 
stätigt, daß diese Ahnungen vom Einfluß der Technik auf die kriegerischen Aus¬ 
einandersetzungen wohl berechtigt waren. Cs hat im Laufe des Krieges an 
Überraschungen nicht gefehlt. Dennoch wohnt den Veränderungen eine gewisse 
Stetigkeit inne, so daß weit eher von einer Entwicklung als von einer plötzlichen 
Amwälzung der Kampfart gesprochen werden kann. 
Auch im Kriege fließen wie auf allen Gebieten menschlicher Tätigkeit konservative 
und revolutionäre Strömungen nebeneinander her. Das Geheimnis des Sieges 
wird gern im Zauber der Waffen gesucht, die ihn errangen, und nach einem ge¬ 
wonnenen Kriege glaubt eine Armee noch lange über das Rezept zu verfügen, 
das den Erfolg verbürgt. Auf der anderen Seite ist das Experiment in keinem 
Raum gefährlicher als in dem des Krieges, da hier das Schicksal kräftiger in das 
Leben einfließt als sonst, und jedem Schritt eine entschiedene und nicht zurück¬ 
zunehmende Bedeutung verleiht. Dies macht jede Neuerung bedenklich, die sich 
auf die rein theoretische Erwägung stützt und nicht ihren guten Kern an Erfahrung 
besitzt. 
Daher kommt es, daß die neuen Mittel und Formen nicht mit jener Heftigkeit 
ins Treffen gebracht werden, die den Reiz von militärischen Atopien ausmacht, 
wie sie vor und nach dem Weltkriege in großer Anzahl erschienen sind. Eine neue 
Waffe, eine veränderte Kampfart tritt vielmehr in den meisten Fällen nur all¬ 
mählich in das Bild des Krieges ein, zögernd und zunächst auf kleine Schauplätze 
beschränkt. 
Dazu kommt, daß der Krieg zu den außergewöhnlichen Zuständen gehört, und daß 
die Anwendung der Waffen durch lange Zeiträume des Friedens unterbrochen 
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