Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Der Artillerieflieger 
Doch nun wieder zu meiner Batterie. Sie mußte, so weit war die Sache klar, im 
Wald westlich Vailleul, und zwar dicht hinter diesem Ort stehen. Ich erkundete 
dort gründlich, fand aber nichts. Vermutlich war sie von oben eingedeckt und mit 
Zweigen usw. verkleidet. Ich konnte sie also nur entdecken, wenn sie schoß, denn 
dann gab es einen Mündungsblitz, der nicht versteckt werden konnte. Jeden Abend 
zog ich nun bis tief in die Dämmerung hinein meine Kreise diesseits unserer 
Front und wartete auf einen Schuß der Batterie. Aber ihr Führer war vor¬ 
sichtig und schoß nie, wenn eins unserer Flugzeuge in Sicht war. Ich erkundigte 
mich bei meiner Kompanie, er schoß nur, wenn ich nicht da war. Was sollte ich 
nun machen? Ich mußte ihn überlisten. Mit dem Vrigadekommandeur wurde 
die Sache gründlich besprochen, und an einem Abend, nachdem ich einige Tage nicht 
erschienen war, ging die Sache vor sich. 
Ich schraubte mich weit hinter der eigenen Front hoch und wartete ab. Pünktlich 
wie verabredet, eröffnete unsere Artillerie mit unsern Batterien heftiges Feuer 
auf die feindlichen Gräben gegenüber meiner Kompanie. Ich wartete einige 
Minuten, dann stellten wir den Motor ab und schwebten lautlos im Gleitslug in 
der Abenddämmerung auf die Front zu. Unsere Geschütze blitzten lebhaft. Drüben 
auf den Gräben sah ich die Einschläge, doch die feindliche Artillerie schwieg. Immer 
näher an die Front kam ich, immer tiefer, noch immer Ruhe. — Schon war ich 
über den vorderen feindlichen Graben in Vailleul, nur noch vierhundert Meter 
hoch, es war höchste Zeit zum Umkehren, da fuhren rote Blitze aus dem jenseitigen 
Waldrand, ein Blick nach links zu „meinem Abschnitt"; vier Einschläge. Die 
Batterie l 1 unserer Artilleriekarte war gefunden. Ich flog nach Hause und landete 
in der Dunkelheit auf dem durch ein loderndes Reifigfeuer erleuchteten Flug- 
platz glatt. 
Nun ging es an die Niederkämpfung der Batterie. Mit meinem Abteilungsführer 
fuhr ich am nächsten Vormittag zum Artilleriekommandeur. Dieser stellte eine 
Haubitzbatterie und genügend Munition zur Verfügung. Dann ging es zum 
Vatterieführer, um das Einschießen zu besprechen. Funkentelegraphie hatten wir 
noch nicht, die Signale konnten nur durch Leuchtpatronen vom Flugzeug aus 
gegeben werden. Im Schloßpark von Carlepont sollten sie aufgenommen werden, 
dort sollte auch der Vatterieführer sich aufhalten und seine Feuerbefehle tele¬ 
phonisch an die mehrere Kilometer entfernte Batterie geben. 
In der Nacht wurden die Drähte gezogen, am nächsten Vormittag ging es los. 
Hauptmann Wilberg fuhr nach Carlepont mit zwei Offizieren als Hilfsbeob- 
achtern. Ich startete. Pünktlich zur verabredeten Zeit war ich zur Stelle, ein¬ 
tausendzweihundert Meter hoch. Unten wurde mit weißen Tüchern das verab¬ 
redete Zeichen „Batterie feuerbereit" ausgelegt. 
Ein Sternsignal von mir: „Feuern!" Ich beobachtete unsere Batterie: ein Blitz! 
Die Augen zur Batterie 11: ein Einschlag, „zu weit, links vorbei!" Eine rote und 
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