Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Der Artillerieflieger 
in unregelmäßigen Abständen aus der Flanke Granaten der Länge nach in seinen 
Graben schickte. Kein Mensch wisse, wo fie stecke, auch die Flieger hätten fie nicht 
melden können. Er hatte das gerade erzählt, da riß er mich zu Boden, warf sich 
selbst hin, alles andere lag platt am Boden. Krach! Krach! Ein Schuß vor uns, 
einer hinter uns, Gott sei Dank, nicht direkt im Graben, nur Dreck bekamen wir 
ab. Wir krabbelten wieder in die Höhe. „Das war das Biest", sagte der In- 
fanterist und lachte etwas gezwungen. Darauf zeigte mein Abteilungsführer auf 
mich und meinte: „Sie werden die Batterie finden und kaputtschießen, Sie haben 
fie ja nun am eigenen Leibe kennengelernt. Vis Sie fie erledigt haben, bekommen 
Sie keinen anderen Auftrag in der Abteilung. Ein Auto steht Ihnen dauernd zur 
Verfügung." Zu dem Kompanieführer sagte er: „Also Sie wiffen nun, an wen Sie 
sich zu halten haben." So erhielt ich meinen ersten Artillerieauftrag, und ähnlich 
bekamen ihn alle Besatzungen. 
Man kann sich vorstellen, mit welchem Eifer ich hinter meiner Aufgabe her war, 
da ich wirklich wußte, um was es sich handelt. Ich war fest überzeugt, daß sie 
kinderleicht zu erfüllen sei. 
Aber so einfach war es nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. 
Am nächsten Morgen ging es im Flugzeug an die Front. Erst einmal über 
„meine Kompanie". Wo war fie nun aber? Da war der deutsche Graben, drüben 
der französische. Jetzt hatte ich auch die Straße gefunden, auf der wir mit dem 
Auto herangefahren waren. Aber den Kompanieabschnitt konnte ich nicht fest¬ 
stellen. Die französische Karte 1:80 000 war so hundsmiserabel falsch, daß die 
Kleinorientierung nach ihr nicht möglich war. Die Schützengräben waren in ihr 
natürlich auch nicht eingedruckt. Was tun? Ich hatte mir die Sache so gedacht: 
Ich wollte über den Graben der Kompanie wegvifieren, um zu sehen, in welcher 
Richtung die Batterie stehen mußte, um flankierend in den Graben schießen zu 
können, und dann in dieser Richtung suchen. Das ging also nicht. Ich flog nun 
über die Gegend, die ungefähr in Betracht kam. Da war alles dichter Wald, also 
nichts zu sehen. Ich verglich den Wald mit meiner Karte; die Waldränder 
stimmten nicht, die Schneisen waren falsch eingezeichnet, die Lichtungen fehlten. 
Also, selbst wenn ich die Batterie gefunden hätte, wie sollte ich sie melden, wie der 
eigenen Artillerie, mit der ich fie vernichten wollte, den Standort derselben klar¬ 
machen, damit überhaupt mit Schießen begonnen werden konnte. Ich war mir 
klar, daß ich mir erst einmal eine richtige Karte machen mußte, um an meinen Auf¬ 
trag Herangehen zu können, und flog nach Hause. 
Rach einigem Überlegen wurde mir klar, daß es keinerlei Zweck gehabt hätte, aus 
dem Flugzeug die Gegend abzuskizzieren und nach den Zeichnungen die Karte zu 
verbessern. Ich wollte es also mit dem Photographieren versuchen. Ich erkundigte 
mich nun in der Abteilung, wie man so etwas machen könne, und erfuhr, daß die 
Abteilung eine photographische Ausrüstung bei der Mobilmachung mitbekommen 
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