Volltext: Das Linzer Programm der christlichen Arbeiter Österreichs

päpstlichen Entscheidungen und diese Entscheidungen sind eben lauter 
Zinsverbote. 
Daraus entnehmen wir: Die Kirche steht grundsätzlich auch heute 
auf demselben Standpunkt wie zur Zeit der Kirchenväter; das ist -ganz 
klar, weil es sich hier um Fragen des Naturrechtes handelt, das sich 
nicht ändert. 
Für die augenblickliche Lage läßt sie Milde walten, weil wir nun 
einmal in der Zinsknechtschaft drinnen sind und keiner von uns, auch 
keine Gruppe von uns, mit einem Sprung aus dieser Knechtschaft her 
auskann. Das ist so ähnlich wie seinerzeit mit der Sklaverei. Die Kirche 
kennt an sich das Sklaventum nicht, weil sie alle Menschen als Kinder 
Gottes auffaßt. Den Sklavenstand aber konnte sie in -den ersten Jahr 
hunderten nicht abschaffen, sie mußte erst die Gesellschaft von innen 
umändern und konnte erst später Verfügungen erlassen. So begnügt 
sich die Kirche auch hier mit dem Festhalten am Grundsatz, erläßt aber 
kein neues ausdrückliches Verbot, solange die Gesellschaft selbst keine 
Anstrengungen macht, aus dieser Knechtschaft herauszukommen, dieses 
papierene Kalb zu enthronen. Es liegt also an uns, der Zinswirtschaft 
entgegenzutreten, um der Kirche ihre Aufgabe möglichst zu erleichtern. 
Wir sind natürlich nicht so töricht, zu glauben, in einigen Fahren 
könnten die Zinsverbote wieder aufleben. Dazu ist der Wirkungsbereich 
der Kirche heute viel zu klein. Es wäre dies ein Schlag ins Wasser, so 
lange die großen nichtkatholischen Wirtschaftsgebiete Englands und 
Nordamerikas stramme Zinswirtschafter sind. Aber als Ziel müssen wir 
es ganz klar sehen, wenn es auch augenblicklich völlig unmöglich ist. 
Geben wir diese so wichtige Frage auch grundsätzlich preis, so geben 
wir uns selbst preis und opfern unsere Vernunft dom goldenen und 
papierenen Kalb. 
Fn dem Beharren auf dem Grundsatz, ganz unbekümmert, ob der 
nun augenblicklich verwirklicht werden kann oder nicht, liegt etwas 
Großes und Weltumspannendes: es ist ein stiller, trockener und doch 
eindrucksvoller Mahnruf zur Rückkehr, eine ganz -entschiedene Verur 
teilung der Grund-anschauungen unserer Gew-innwirtschaft, der Wirt 
schaft des arbeitslosen Gewinnes, die zu den beiden Urquellen der Wirt 
schaft, Natur und Arbeit, eine dritte dazu dichtet, um für ihre Scham 
losigkeit ein gelehrtes Mäntelchen zu haben. 
Der Wohlstand der menschlichen Gesellschaft ruht völlig ans der 
Arbeit. 
Fst das nicht ein Widerspruch zum ersten Satz? Wenn zwei Quellen 
die wirtschaftlichen Werte bringen, wie können wir dann den Wohlstand-
	        
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