Volltext: Das Linzer Programm der christlichen Arbeiter Österreichs

die landwirtschaftlichen Gesetze der Lahre 1811—1S50 über 100.000 
Bauernfamilien vom Grund vertrieben. Hätte sie das entstehende Groß 
gewerbe der Stadt nicht aufgefangen, so hätten wir ein wirkliches 
römisches „Proletariat" bekommen. So wurde der Gang auf halbem 
Wege aufgehalten, vorläufig wenigstens und nur in seinen Folgen. 
Aber wir' haben sehr deutliche Anzeichen, daß wir als Europäer 
wirklich dem Untergang zustreben. Europa geht ganz ähnlichen Ad- 
hängigkeitsverhälLnissen entgegen wie Rom unter der Kaiserzeit. Den- 
ken wir an Frankreich. Ueber 10 Lahre stehen seine farbigen Hiifs- 
truppen auf europäischem Boden. Sie befähigen sich dadurch, in viele 
Stellen einzudringen, die ihnen vor 10 (Zähren schlechthin verschlossen 
gewesen wären. Schon lesen wir von Negern, die Mitglieder von Pa- 
riser Gerichtshöfen sind. Ls ist der natürliche Gang, daß die strebsa 
meren Köpfe unter diesen Völkern nach und nach in die Offiziersstellen 
und Beamtenstellen eindringen, daß sie den Handel durchsetzen — ganz 
wie die Hilfsvölker des alten Rom. Wirtschaftlich ist Guropa völlig 
in die Dienste Amerikas getreten; die Vereinigten Staaten besitzen 
heute schon den halben Goldschatz der Welt. 2n Mexiko haben Chinesen 
alle jene Stellen des Handels eingenommen, die früher Deutschland inne 
hatte. Und das alles innerhalb einer Entwicklung von kaum 10 Fahren. 
Denken wir uns diesen Gang folgerichtig weiter, so sind wir in 200 
Fahren als Europäer verschwunden. Unsere Nachkommen können dann 
für Reger, Chinesen und Luden Vieh hüten und Steine Klopfen. 
„Gs folgt wohl ein Zeitabschnitt auf den anderen in der menschlichen Ge^ 
schichte, aber einer gleicht dem andern oft in ganz wunderbarer Weise." (Leo» 
Arbeiterfrage 68.) 
Freilich, weitaus die meisten Menschen sehen das nicht. Sie meinen» 
weil bis jetzt immer auf den Morgen ein Abend gefolgt ist, müsse das 
in Ewigkeit so weiter gehen. „Wen die Götter verderben wollen, den 
schlagen sie mit Blindheit", .sagten die Alten. 
Andere wieder erkennen sehr wohl, daß wir auf einem wankenden 
Boden stehen, den Gewinnsucht und Machtgier von Lag zu Lag mehr 
unterhöhlen. Aber sie legen die Hände in den Schoß und warten auf 
den großen Mann oder auf den großen Krach. Auf den großen Mann 
können wir nicht warten, weil wir gar nicht wissen, ob er kommen 
wird und weil wir ihn nicht brauchen, wenn wir kleineren Männer das 
Uebel rechtzeitig erkennen und ihm nach unseren Kräften entgegen 
arbeiten. Auf den großen Krach können wir erst recht nicht warten, denn 
auch ein Krach bringt keine Lösung. Gewiß, wir können uns ganz gut 
vorstellen, daß den Millionen Enterbter die Geduld wieder einmal völ- 
Programm. 2
	        
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