Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

I. 
Die Gesellschaft treibt der Auflösung zu. 
Gibt es dos überhaupt? Kann eine ganze Gesellschaft, also etwa 
die abendländische, Europa, zugrundegehen? 2st es denkbar, daß unsere 
Eisenbahnen, Wasserkraftwerke, Großstädte vom Erdboden verschwin 
den? 2a, wir haben geschichtliche Beispiele genug, daß blühende Ge 
sellschaften zugrunde gegangen sind. Von den großen Gesellschaftskrei 
sen, die vor Ehrifti Geburt bestanden, haben wir heute nur noch den 
chinesischen. Die morgenländische Gesellschaft ist spurlos verschwunden, 
von der griechischen haben wir nur noch Ueberbleibsel in Büchern und 
Museen, von dem gewaltigen römischen Weltreich haben wir nur noch 
Ltraßenzüge, Ortsnamen und rechtliche Anschauungen. Wenn wir in 
unseren Museen und Kirchen die gewaltigen Werke des christlichen 
Mittelalters bewundern und uns sagen müssen: Das bringen wir nicht 
mehr zustande, so sehen wir schon deutlich genug, daß uns innere Kräfte 
verloren gegangen sind. Wir wissen heute, daß wir seit dem Ausgang 
des Mittelalters, feit 400 Fahren, an inneren Kräften fortwährend ein 
gebüßt haben. Woher das? Der zweite Latz antwortet darauf: 
Das ruckfichtslose Strebe» «ach Wacht und Gewinn in Wirtschaft 
und Staat stürzt die Völker in immer tieferes Elend. 
„Wurzel aller Uebel ist die Gier" schreibt Paulus an Thimoteus. 
Wenn die Wirtschaft nicht mehr zum Zweck hat, dem Menschen seinen 
standesgemäßen Lebensunterhalt zu schaffen, sondern wenn sie so einge 
richtet ist, daß sie einer bestimmten Schicht in den Großstädten umso 
mehr Gewinn abwerfen muß, je weniger diese wirklich Arbeit verrich 
ten, dann muß diese Gewinnwirtschaft eben einer anderen, großen 
Schichte den Lebensunterhalt erschweren, Beruf, Familie und Heimat 
zerschlagen. Wenn die Kunst der Staatslenker nicht mehr darauf aus 
geht, ihren Völkern durch innere Ordnung und friedliche Verträge mit 
den Aachbarstaaten den standesgemäßen Erwerb zu sichern» sondern 
bald da, bald dort nach Raubtierart Uebergriffe gegen fremde Völker 
plant und die eigenen Völker als lebende Maschinen auf das Schlachtfeld